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Politik: Schrempp gegen die Aktienmärkte

DIE MITSUBISHI-KRISE

Von Alfons Frese

Zockt Jürgen Schrempp oder kommt es zur BMWLösung? Die geht so: Eine Autofirma kauft eine andere hinzu, um die Produktpalette komplett zu machen. Doch die neue Tochter ist missraten und lässt sich auch mit großem Aufwand nicht aufhübschen. Da hilft nur die Trennung. So hat es BMW vor einigen Jahren mit Rover gemacht. Und so macht es Daimler-Chrysler jetzt womöglich mit Mitsubishi. „Die Welt AG ist tot, es lebe die Daimler-Benz AG.“ So bejubeln die Aktienmärkte bereits den mutmaßlichen Strategiewechsel von Konzernchef Jürgen Schrempp. Wenn jetzt auch noch das amerikanische Sorgenkind Chrysler abgestoßen wird, dann bleibt im Kern des Unternehmens Mercedes-Benz. Der Stern würde glänzen wie in den besten Zeiten. Und Jürgen Schrempp wäre noch grandioser gescheitert als sein Vorgänger Edzard Reuter.

Als Schrempp vor neun Jahren Daimler-Benz-Chef wurde, legte er schnell die Axt an den sehr vielfältigen Technologiekonzern Reuters, um aus einem Gemischtwarenladen ein reines Autohaus zu machen. Und zwar nicht irgendeins, sondern das Beste der Welt. Darunter tut es Schrempp nicht. Doch wer in der Autoindustrie überleben will, der muss groß sein; Nischenproduzenten wie Porsche bestätigen als Ausnahme diese Regel. Vor gut 20 Jahren gab es noch 28 Autohersteller in der Welt, heute sind es elf. Nur in einem großen Konzern können die immer höheren Entwicklungkosten auf viele Autos umgelegt werden. Bei Daimler-Chrysler gibt es zum Beispiel ein Motorenprojekt mit Hyundai und Mitsubishi über 1,8 Millionen Motoren. Eine Marke allein könnte so viele Motoren nicht brauchen.

Ein zweites Argument ist das Einkaufsvolumen. Daimler-Chrysler kauft jedes Jahr Autoteile für mehr als 100 Milliarden Euro. Mit dieser Nachfragemacht lässt sich bei den Lieferanten viel mehr erreichen, als wenn Mercedes-Benz allein auftritt. Ferner lassen sich Teilevielfalt und damit Kosten begrenzen, wenn zum Beispiel ein bestimmter Vergaser im Mercedes, Mitsubishi und Chrysler eingebaut wird. Alle diese Punkte beschreiben Größenvorteile. Hinzu kommt das Ziel Schrempps, auf den wichtigen Märkten mit einer kompletten Produktpalette vertreten zu sein. Vom Smart bis hin zum schweren Truck. Besonders im Fokus des Welt-AG-Strategen: Asien. Dort vor allem soll das Geschäft in Fahrt kommen. Mit neuen Projekten in China, der Übernahme der japanischen Lastwagenfirma Fuso und – mit Mitsubishi.

Wenn Schrempp bei den Japanern aussteigt, dann ist seine Strategie gescheitert. Die Zeit für ihn und seinen Kumpel, Aufsichtsratschef Hilmar Kopper, ist dann vorbei. Das Ende bei Mitsubishi hätte verheerende Folgen für Chrysler, denn die schwächliche US-Firma sollte nicht zuletzt über die gemeinsamen Projekte mit Mitsubishi aufgepäppelt werden. Ohne Mitsubishi macht auch Chrysler für Daimler kaum noch Sinn. Das wissen die Börsianer und haben am Freitag in Vorfreude auf einen Mercedes-Benz-Konzern mit den Schwestern Smart und Maybach die Aktie nach oben gekauft. Weil die Kapitalmärkte und die Mehrzahl der Anleger kurzfristige Interessen haben.

Schrempp, einst Prediger des reinen Shareholder-Value-Denkens in Deutschland, steht mit seiner langfristigen Strategie gegen die Interessen der Kapitalmärkte. Doch er ist auf dem richtigen Kurs und braucht dabei Mitsubishi. Deshalb ist der mutmaßliche Rückzug von Daimler-Chrysler womöglich nur eine Inszenierung, um den japanischen Partnern einen Schrecken einzujagen und deren Finanzierungsbereitschaft zu fördern. Ein taktischer Zug des Zockers Schrempp. Wenn nicht, bleibt nur die BMW-Lösung. Mit einem neuen Mann an der Spitze.

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