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Politik: Schröder: Acht Milliarden sind das Maximum - AJC-Liste mit 255 deutschen Unternehmen

Der Streit über die Entschädigung von NS-Zwangsarbeitern spitzt sich zu. Am Ende einer dreiwöchigen Denkpause ist noch keine Lösung in Sicht.

Der Streit über die Entschädigung von NS-Zwangsarbeitern spitzt sich zu. Am Ende einer dreiwöchigen Denkpause ist noch keine Lösung in Sicht. Nach Angaben des deutschen Unterhändlers, Otto Graf Lambsdorff, hat sich Bundeskanzler Gerhard Schröder in die Verhandlungen eingeschaltet und in einem Brief an US-Präsident Bill Clinton deutlich gemacht, dass die vom Bund und der deutschen Industrie in Aussicht gestellten acht Milliarden Mark die oberste Grenze seien. Lambsdorff forderte die amerikanische Seite auf, eine Stellungnahme zum vorliegenden Angebot abzugeben. Bisher gebe es keine offizielle Antwort.

Unterdessen wird der Druck auf die deutsche Wirtschaft immer größer. Das Berliner Büro des American Jewish Committee legte am Dienstag die nach eigenen Angaben "bislang vollständigste Liste" von Unternehmen vor, die im Dritten Reich Zwangs- und Sklavenarbeiter beschäftigt haben. Diese Aufstellung, die der Tagesspiegel dokumentiert, nennt 255 Firmen. Die Liste solle ein Beitrag zu einer breiteren Debatte über das Thema des Arbeitssystems während der Nazizeit sein, hieß es. Es gehe nicht darum, bestimmte Unternehmen zu verurteilen. Die Genannten würden aber alle aufgefordert, sich dem Entschädigungsfonds anzuschließen.

Ähnlich äußerte sich Michel Friedman. Nach Ansicht des Präsidiumsmitglieds des Zentralrates der Juden in Deutschland muss der Kreis der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft unbedingt erweitert werden. "Es ist unverständlich und unerklärlich, dass Firmen, die von der Zwangsarbeit profitiert haben, sich immer noch verstecken. Der öffentliche Druck auf diese Verdränger muss steigen", sagte Friedman dem Tagesspiegel. Zudem forderte er den Bundesverband der Deutschen Industrie und dessen Präsidenten auf, endlich - unabhängig von den Verhandlungen - eine Erklärung abzugeben, in der sich die deutsche Wirtschaft zu ihrer moralischen Verantwortung und Schuld für die aktive Beteiligung an der Ausbeutung von NS-Zwangsarbeitern bekennt.

Nach Einschätzung des Anwalts Michael Witti, der die Interessen ehemaliger Zwangsarbeiter vertritt, ist man einer Lösung nahe, sollte aber nichts überstürzen. "Eine solche Milliarden-Entscheidung sollte man nicht über das Knie brechen." Immerhin seien Angebot und Forderung nicht mehr Lichtjahre voneinander entfernt. Allerdings wies Witti erneut die in Aussicht gestellten acht Milliarden Mark als unzureichend zurück: Unter "zehn Milliarden plus x" werde es keine Verständigung geben. Der Sprecher der Stiftungsinitiative, Wolfgang Gibowski, betonte, es werde von Seiten der Wirtschaft kein neues Angebot geben. Die Opferanwälte hätten "den Ernst der Lage nicht erkannt. Diese gingen wohl davon aus, dass für sie "noch mehr drin ist". Das sei nicht der Fall. Die komplette AJC-Liste als PDF-Datei finden Sie hier . Den Adobe Acrobat Reader bekommen Sie hier kostenlos.

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