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Politik: Schröder: "Das Sparpaket ist kein Selbstzweck". Kwasniewski verlangt aktivere Rolle Deutschlands in Europa

Bundeskanzler Gerhard Schröder versucht die Angst vor einem schwachen Euro für seine innen- und außenpolitischen Reformpläne zu mobilisieren. Das Sparpaket sei kein Selbstzweck, sondern zwingend, wenn Deutschland die Stabilitätskriterien erfüllen wolle, sagte Schröder bei der Konferenz "Fazit: Deutschland" in Berlin.

Bundeskanzler Gerhard Schröder versucht die Angst vor einem schwachen Euro für seine innen- und außenpolitischen Reformpläne zu mobilisieren. Das Sparpaket sei kein Selbstzweck, sondern zwingend, wenn Deutschland die Stabilitätskriterien erfüllen wolle, sagte Schröder bei der Konferenz "Fazit: Deutschland" in Berlin. "Die gemeinsame Währung wird aber auch nicht von Krisen verschont bleiben, wenn wir in Europa politisch nicht mehr gemeinsam zustandebringen", sagte der Kanzler zur Erweiterung und der anstehenden Reform der EU-Institutionen.

Die Zinszahlungen seien der zweithöchste Etatposten nach dem Bereich Soziales. Deutschland könne nur "zukunftsfest" werden, wenn es an sein Erfolgsrezept anknüpfe: Teilhabe breiter Schichten am materiellen Wohlstand - "in differenzierter Weise, nicht als Gleichmacherei" - aber auch an politischen Entscheidungen über Wahlen und die Mitbestimmung in den Betrieben, sagte Schröder. Dieses Modell und der Sozialstaat seien nur aufrechtzuerhalten, wenn Sparpaket, Steuer- und Gesundheitsreform gelängen. Über die ostdeutschen Länder sagte der Kanzler in seiner 40-minütigen Rede kein Wort. Die Konferenz der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" und des DeutschlandRadio Berlin im neuen FAZ-Redaktionsgebäude in Mitte ist dem Blick auf Europa zehn Jahre nach 1989 gewidmet.

Als größte außenpolitische Herausforderungen nannte Schröder die innere Reform der EU, die "sich nur unter französischer Präsidentschaft realisieren lässt und nur, wenn Deutschland und Frankreich eine gemeinsame Position finden," sowie die Erweiterung. Die Entscheidung über deren Datum "ist längst gefallen. Polen, Ungarn und Tschechien haben sich festgelegt, dass sie 2002 soweit sein wollen, den acquis communautaire (die Gesamtheit der Gesetze und Vorschriften in der EU; die Red.) zu übernehmen. Wenn sie das unter Beweis stellen, spricht nichts gegen ihre Aufnahme."

Polens Präsident Aleksander Kwasniewski verlangte, Deutschland müsse in Europa aktiver werden und "die Treibkraft der europäischen Integration" sein. Mitteleuropa fürchte sich nicht davor, sondern "begrüßt das mit Genugtuung". Anders als unter Bismarck sei die neue deutsche Einheit nicht gegen die Nachbarn, sondern im Einklang mit ihnen erreicht worden. Jetzt sei es wichtig, dass die Beziehungen "nicht in Routine erstarren", sondern mit Fantasie entwickelt werden. Kwasniewski regte eine deutsch-polnische Gemeinschaft für Wissenschaft und Bildung an; für die Integration in Mitteleuropa könne sie eine ähnliche Rolle spielen wie nach dem Krieg die Montanunion für Kohle und Stahl in Westeuropa. Kwasniewski und Bundespräsident Johannes Rau setzten am Abend im Schloss Bellevue ihr Gespräch mit Schülern aus Gdingen fort, das bei Raus Polen-Besuch am 1. September aus Zeitmangel zu kurz gekommen war.

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