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Politik: Schröder droht – und setzt sich durch

Der Bundeskanzler warnt im SPD-Vorstand vor persönlichen Konsequenzen und findet dort eine klare Mehrheit für Reformen

Berlin/Bonn (hmt/ma/mfk). Der SPD-Vorstand hat dem Parteichef und Kanzler Gerhard Schröder im Streit um dessen Reformpläne den Rücken gestärkt. Schröder zeigte sich „sehr erfreut“ darüber, dass der Entwurf für den Leitantrag zum Sonderparteitag am 1. Juni von dem Gremium mit 28 Ja-Stimmen bei vier Gegenstimmen und vier Enthaltungen angenommen wurde. Damit stehe fest, dass die Grundlinie der Reformpläne nicht verändert werde, sagte Schröder. Vor und in der Sitzung hatte er sein politisches Schicksal mit dem Ausgang der Reformdebatte verbunden.

Bei der ersten von vier Regionalkonferenzen rief Schröder die SPD-Basis am Abend in Bonn eindringlich zur Unterstützung auf. Bei der Agenda 2010 gehe es um die „Regierungsmacht und Regierungsfähigkeit“ der SPD. Die Sozialdemokratie müsse beweisen, dass sie „in schwierigen Zeiten die verlässliche politische Kraft in Deutschland“ sei, sagte Schröder vor 750 SPD-Mitgliedern. Regierungsverantwortung dürfe nicht als Last, sondern müsse „als riesige Chance“ begriffen werden. Das Votum im SPD-Vorstand sei eine „gute Basis“, auch auf dem Parteitag „breite Unterstützung“ zu erhalten. Dennoch stieß Schröder auf Widerspruch. Der Parteilinke Ottmar Schreiner warnte, die Reformen „bringen mehr Arbeitslosigkeit in Deutschland“. Für seine Rede bekam er heftigen Applaus.

Schröder zeigte sich gleichwohl überzeugt, dass auch die Kritiker in der Fraktion den Plänen zustimmten, wenn sie der Sonderparteitag billige. Gleichzeitig appellierte er an sie, ihre „besondere Verantwortung“ wahrzunehmen. Laut Schröder sollen parteiinterne Arbeitsgruppen fünf Themenkomplexe konkretisieren, „ohne dass die Substanz in Frage gestellt oder die Grundlinie verändert wird“. Dazu gehören die Frage, welcher Anteil an den Einsparungen durch die Fusion von Arbeitslosen- und Sozialhilfe den Gemeinden bleibt, bessere Angebote für Arbeitslose über 55 Jahren, Sonderregelungen für den Arbeitsmarkt im Osten, der Rürup-Vorschlag zur Erhöung des Renteneintrittsalters sowie die Androhung einer Ausbildungsabgabe für die Wirtschaft.

Vor der Sitzung hatte Schröder an die Kritiker appelliert, die Regierungsfähigkeit der SPD nicht zu gefährden, und dabei sein persönliches Schicksal mit dem Ausgang der Debatte verbunden. „Wer etwas anderes beschließen oder durchsetzen will, der muss wissen, dass er die inhaltliche Grundlage für meine Arbeit entzieht und mich zu Konsequenzen zwingt.“ Teilnehmern zufolge wiederholte er die Drohung bei der Sitzung in Variationen. Danach sagte Schröder, er glaube nicht, dass eine Vertrauensfrage nötig werde. CDU-Chefin Angela Merkel nannte die Drohung „abenteuerlich“. Sie zeige „die Ängstlichkeit des Bundeskanzlers, seiner eigenen Partei die Wirklichkeit zuzumuten“.

In der PDS hat Schröders Agenda einen Richtungskampf ausgelöst. Weil der Bundesvorstand eine Debatte über ein alternatives PDS-Papier abgelehnt hatte, forderte Brandenburgs Landeschef Ralf Christoffers die Einberufung eines Sonderparteitages und die Ablösung von Bundesgeschäftsführer Uwe Hiksch und Parteivize Dieter Dehm.

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