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Politik: Schröder: Geburtenrate können wir nicht heben Koalition legt Bewertung der Familienpolitik vor

Opposition sieht Scheitern auf der ganzen Linie.

Von Hans Monath

Berlin - Drei Monate vor der Bundestagswahl verschärft eine wissenschaftliche Großstudie die Debatte um die Familienpolitik. Während sich Familienministerin Kristina Schröder und Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) durch die „Gesamtevaluation der ehe- und familienbezogenen Leistungen“ in ihrer Politik bestätigt sehen, bescheinigten SPD und Grüne der schwarz-gelben Koalition Versagen in der Familienpolitik. Beide Oppositionsparteien wollen die Wahl auch zu einer Abstimmung über eine gerechtere Förderung von Kindern und Familien machen.

Schröder und Schäuble hoben als Ergebnis der Studie hervor, dass die Familienpolitik „mit der Vielfalt der monetären und strukturellen Leistungen auf dem richtigen Weg“ sei. Lediglich bei den Schnittstellen der einzelnen Leistungen gebe es Verbesserungsmöglichkeiten. Laut der Studie gibt der Staat rund 200 Milliarden Euro im Jahr für 156 verschiedene Familienleistungen aus. Die Familienministerin sagte, der größere Teil dieser Summe, nämlich 145 Milliarden Euro, sei der politischen Gestaltung entzogen, weil es sich um verfassungsrechtlich garantierte Ansprüche handele. Zugleich warnte sie, die Geburtenrate als alleinigen Maßstab für die Wirksamkeit klassischer Familienleistungen misszuverstehen. Es gebe keinen wissenschaftlichen Beleg für einen direkten Einfluss, der lediglich bei finanziellen Hilfen für ungewollt kinderlose Paare nachweisbar sei.

Mit ihren politischen Schlussfolgerungen blieben die Minister hinter ihren ursprünglich weitergehenden Zielen zurück. Union und FDP hatten 2009 im Koalitionsvertrag als Ziel der Evaluation verabredet, „Leistungen wirksamer und effizienter zu gestalten und zu bündeln“. Mit der Veröffentlichung von vier neuen von bisher neun Teilstudien wurde nun die Auswertung der Familienleistungen ergänzt, die schon zur Zeit der großen Koalition begonnen hatte. Untersucht wurden die Wirkung der ehe- und familienbezogenen Leistungen im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Geburtenzahl, die Entwicklungsmöglichkeiten von Kindern und die wirtschaftliche Situation von Familien. Allerdings waren nach Insider-Angaben kritische Töne und Untertöne vom Auftraggeber der Studien „weggebügelt“ worden.

SPD-Chef Sigmar Gabriel kritisierte, die Regierung haben nun „von ihren eigenen Experten schwarz auf weiß“ bestätigt bekommen, dass ihre Familienpolitik gescheitert sei. Kinder aus wohlhabenden Elternhäusern seien der Koalition mehr wert als Kinder, die Förderung nötig hätten. Die SPD verspricht ein einkommensabhängiges Kindergeld. Gabriel sagte, statt unnötiger Ausgaben für das Betreuungsgeld seien Investitionen in gute und kostenfreie Ganztagskitaplätze nötig.

Die Grünen-Politikerin Ekin Deligöz kritisierte, die Gesamtevaluation sei „zur Farce verkommen“. Die Studie bestätige mehrere Kritikpunkte an der derzeitigen Familienförderung, doch die Regierung wolle etwa „die üppige Eheförderung“ durch das Ehegattensplitting „aus ideologischen Gründen nicht antasten“. Tatsächlich kommt die Teilstudie Mikrosimulation zu dem Schluss, das Ehegattensplitting habe langfristig „leicht negative Wirkungen auf das verfügbare Einkommen“, da es für die Erwerbskarriere von Frauen falsche Anreize setze. Hans Monath

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