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Politik: Schröder gibt "besten Mann frei" / Hombach wird Balkan-Koordinator

BONN . Kanzleramtsminister Bodo Hombach soll Koordinator für den Balkan-Stabilitätspakt werden.

BONN . Kanzleramtsminister Bodo Hombach soll Koordinator für den Balkan-Stabilitätspakt werden. Bundeskanzler Gerhard Schröder hat den in den eigenen Reihen umstrittenen SPD-Politiker am Donnerstag den Regierungen der Partnerstaaten vorgeschlagen. Der 46jährige soll auf dem Außenministertreffen im Rahmen des EU-Lateinamerika-Gipfels Anfang nächster Woche in Rio de Janeiro nominiert werden. Während die Bundestagsopposition von einer "Abschiebung" sprach, lobten Vertreter der Wirtschaft Hombach als "verläßliche Stütze". Als Favorit für die Nachfolge des Ministers gilt der Staatssekretär im Kanzleramt Walter Steinmeier.

Schröder wertete Hombach am Rande der Bundestagssitzung in Bonn als "außergewöhnlich qualifiziert". Deutschland habe die Idee des Balkanpaktes auf den Weg gebracht, daher habe die Bundesregierung keinen Zweifel daran gelassen, daß sie sich auch personell engagieren müsse. Der Kanzler gebe seinen "besten Mann" und engsten Mitarbeiter für das Projekt frei, erklärte Regierungssprecher Uwe-Carsten Heye.

Aus dem Kanzleramt verlautete, Regierungen von EU-Partnerstaaten hätten Hombach als "außenpolitischen Glücksfall" und "Idealbesetzung für diesen Höllenjob" bezeichnet. Amtssitz des Balkankoordinators wird wahrscheinlich Brüssel oder Wien sein. Er soll sich auch schon an der Vorbereitung der Süd-Ost-Europakonferenz von EU, G-8, Balkanstaaten und internationalen Organisationen beteiligen, die noch in diesem Jahr in Sarajevo stattfinden wird.

Hombach nannte seinen neuen Posten, den er wahrscheinlich schon im Juli antreten kann, eine "politische und unternehmerische Traumaufgabe". Ihn reize es, an einem konkreten Projekt zu arbeiten und den Aufbau in Süd-Osteuropa zu organisieren. Seiner Darstellung nach hat Hombach sich aus eigener Entscheidung entschlossen und Bundeskanzler Schröder erst von der Richtigkeit dieser Idee überzeugen müssen. In Bonner Koalitionskreisen gibt es Spekulationen, Bundeskanzler Gerhard Schröder habe Hombach den Wechsel nahe gelegt, weil er mit seiner Arbeit unzufrieden sei.

Dies wird von Hombach wie vom Kanzler bestritten. In der SPD, aber auch vom Grünen Koalitionspartner werden dem Kanzleramtsminister Pannen bei der Koordinator der Regierungspolitik angelastet. Auch wird darauf verwiesen, daß Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Bau seines Privathauses immer noch nicht ins letzte Detail geklärt worden seien. Dazu sagte Hombach, er habe sich zu dem Wechsel in die internationale Politik erst entschlossen, als in der Bundestagsfragestunde am Mittwoch klar geworden sei, daß die Opposition keine Belege für ihre Behauptungen habe.

Der scheidende Minister sprach von "reinen Diffamierungsversuchen". Hombach will sich nicht gänzlich aus der deutschen Politik verabschieden. Er werde sein Amt als stellvertretender Vorsitzender des SPD-Bezirks Niederrhein behalten und sich weiter an der Modernisierungsdebatte der Sozialdemokratie beteiligen.

Die Nominierung Hombachs als Balkan-Koordinator stieß in Wirtschaft und Industrie auf Bedauern. Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Hans-Olaf Henkel, reagierte "mit großem Bedauern" auf die Nachricht.

Im Gegensatz zu Hombach gilt Nachfolgefavorit Steinmeier als stiller effektiver Arbeiter, der das Licht der Öffentlichkeit scheut. Unklar ist noch, ob Steinmeier Staatssekretär bleibt, oder ebenfalls in die Position eines Staatsministers befördert wird. Schröder wollte die Berufung Steinmeiers nicht ausdrücklich bestätigen. Der Kanzler sagte auf entsprechende Fragen: "Es wird keine Überraschungen geben. Wir werden da auf bewährte Kräfte zurückgreifen." Es werde keine Kabinettsumbildung geben.

THOMAS KRÖTER

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