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Politik: Schröder im Test

14 Mal abstimmen innerhalb von sieben Monaten – spannend wird es vor allem in Hamburg, Thüringen und NRW

Fünf Landtagswahlen, acht Kommunalwahlen, dazu die Europawahl: 2004 wird ein Superwahljahr. Und es werden die Weichen gestellt für das Bundestagswahljahr 2006. Doch noch ist nicht ausgemacht, für welches politische Lager es auch ein super Wahljahr wird. Kurz gesagt gilt: Die SPD kann bei den meisten Wahlen eigentlich nur gewinnen, denn sie hat bei den letzten Wahlen meist sehr schlecht abgeschnitten. Die CDU hat dagegen einiges zu verlieren, nicht zuletzt ihre Mehrheit im Bundesrat. Läuft es gut für die Union und sie gewinnt auch noch die NRW- Landtagswahl im Frühjahr 2005, dann hätte sie eine Zweidrittelmehrheit in der Länderkammer und könnte die rot-grüne Gesetzgebung praktisch zum Erliegen bringen.

Im Februar beginnt der Reigen in Hamburg. Dort muss Ole von Beust sehen, wie er eine Mehrheit zusammenbekommt, da unklar ist, ob die frühere Schill-Partei in die Bürgerschaft einzieht. Beust wird es mit seiner CDU allein kaum schaffen, also kommt es auf die FDP an. Muss Beust in eine große Koalition, weil alles andere nicht geht, schrumpft die Mehrheit der Union im Bundesrat um drei Stimmen von 41 auf 38. Denn große Koalitionen bilden dort ein neutrales Lager und enthalten sich bei umstrittenen Themen.

Patzt Beust, wird es um Thüringen im Juni einen heißen Kampf geben. Bislang regiert die CDU dort allein. Verliert sie ihre Mehrheit, deutet viel auf eine große Koalition. Dann wäre die Unionsmehrheit im Bundesrat dahin – ein Imageschaden für Merkel & Co. Da dann freilich das neutrale Lager stärker würde, entsteht daraus noch keine rot-grüne Mehrheit. Die Union aber könnte die Länderkammer nicht mehr so stark zur Opposition nutzen. Der Erfurter Ministerpräsidenten Dieter Althaus, erklärter Anhänger von CDU-Chefin Angela Merkel, hat eine absolute Mehrheit zu verteidigen. Dass er die Wahl gewinnt, gilt als sicher. Ob er ohne Partner regieren kann, ist ungewiss. FDP und Grüne kommen möglicherweise nicht über fünf Prozent. Dann könnte Althaus schon ein Ergebnis um die 47 Prozent reichen, um zumindest die Mehrheit der Sitze zu erringen. Gelingt das nicht, bleibt wohl die SPD als Partner. Deren Spitzenkandidat Christoph Matschie hat eine rot-rote Koalition vorerst ausgeschlossen. Zumal gar nicht sicher ist, dass die SPD stärker sein wird als die PDS.

Parallel zu den Wahlen in Thüringen und für Europa finden Kommunalwahlen in Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und im Saarland statt. In Dresden und an der Saar werden die Ergebnisse als Prolog für die Landtagswahlen im September gedeutet werden. Dort haben die CDU-Ministerpräsidenten Georg Milbradt und Peter Müller ihre Mehrheiten zu verteidigen. Die klare absolute Mehrheit der CDU in Sachsen errang 1999 Milbradts Vorgänger Kurt Biedenkopf, die Mehrheit der Sitze im Saarland im gleichen Jahr war Müllers eigenes Werk. Das freilich war denkbar knapp, mit nur 0,1 Prozentpunkten und einem Sitz Vorsprung vor der SPD. In beiden Ländern deuten Umfragen bisher jedoch darauf hin, dass die CDU alleine weiterregieren kann.

Wer in Brandenburg die Nase vorn haben wird, ist dagegen weit weniger klar. Nach dem Unfragen liegen SPD und CDU, die Partner in der großen Koalition, nahezu gleichauf. Das Zittern dürfte bei der SPD größer sein: Rutscht sie hinter die CDU, müsste sie als Juniorpartner fungieren – oder eine Koalition mit der PDS bilden. Es wäre die dritte rot-rote Verbindung. Die PDS aber hat sich zuletzt sperrig gezeigt und dafür gesorgt, dass Berlin und Mecklenburg-Vorpommern dem Reformkompromiss im Vermittlungsausschuss ihre Zustimmung verweigerten.

Das größte Herzklopfen auf beiden Seiten – aus Sorge oder Vorfreude – wird die letzte Wahl des Jahres am 26. September in Nordrhein-Westfalen bringen. Für die CDU hat die Kommunalwahl dort den Stellenwert einer Landtagswahl. 1999 hatte sie überraschend gut abgeschnitten und landesweit die Mehrheit erzielt. Die SPD hat sich kaum von ihrem Fiasko erholt. Das Ergebnis in den Kommunen 2004 wird als Vorwegnahme der Landtagswahl 2005 interpretiert werden. Und diese als Vorwegnahme der Bundestagswahl 2006. So wird die NRW-Kommunalwahl der Gipfel des Superwahljahres sein. Endet es für die SPD versöhnlich, bekommt Kanzler Gerhard Schröder neue Luft, Angela Merkels Kanzlerkandidatur wird aus den eigenen Reihen mit Fragezeichen versehen werden. Läuft es gut für die CDU, ist Merkel unangefochtene Herausfordererin, Schröder aber muss gegen ein Verliererimage kämpfen.

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