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Politik: Schröder stellt die Vertrauensfrage

SPD-Sonderparteitag am 1. Juni soll Reformen absegnen – und wird damit auch über den Kanzler entscheiden

Berlin. Kanzler Gerhard Schröder will den Sonderparteitag der SPD zu den Reformplänen der Regierung zur Abstimmung über seine Person machen. „Politisch“ werde der Parteitag am 1. Juni mit der Zuspitzung verbunden, „ob die Unterstützung für die Politik des Bundeskanzlers und der Parteiführung vorhanden ist oder nicht“, sagte Generalsekretär Olaf Scholz am Montag nach einer Telefonkonferenz des SPD-Präsidiums. „Es geht dabei auch um die Regierungsfähigkeit der SPD.“ Trotz des Sonderparteitags halten die Initiatoren des SPD-Mitgliederbegehrens an ihrem Ziel fest, die Reformpläne durch ein Votum der Basis zu entschärfen.

Schröder und Scholz betonten, dass sie auf dem Sonderparteitag mit einer breiten Zustimmung zur Reformagenda der Regierung rechnen. Beide hatten in den vergangenen Wochen mehrfach erklärt, dass ein solcher Parteitag nicht notwendig sei. Am Wochenende hatten sich die innerparteilichen Rufe nach einem Parteitag jedoch verschärft. Auch der Beginn eines Mitgliederbegehrens gegen den Reformkurs soll den Richtungswandel der Parteiführung begünstigt haben, hieß es aus Parteikreisen. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass es in der SPD keine breite Mehrheit für die Agenda 2010 gebe, begründete Scholz die plötzliche Entscheidung. „Spätestens ab dem 2. Juni kann es keine Zweifel mehr geben, dass die Partei den Reformkurs des Bundeskanzlers unterstützt“, sagte der Generalsekretär.

Die SPD-Führung will es auf dem Parteitag in Berlin weder zu einer langwierigen Debatte noch zu Abstimmungen über Details der Agenda kommen lassen. Zu entscheiden sei über einen „kurzen, klaren Antrag“, der ein grundsätzliches Bekenntnis zum Reformkurs enthalten werde, sagte Scholz. Tempo und Ablauf des Reformprozesses würden durch den Parteitag nicht verändert.

Kritiker des Reformkurses wollen auf dem Parteitag allerdings Gegenkonzepte einbringen. Der saarländische Landesvorsitzende Heiko Maas kündigte einen Antrag zum grundlegenden Systemwechsel von der Abgabenfinanzierung zur Steuerfinanzierung der Sozialsysteme an. Auch der Vorschlag zur Wiedereinführung der Vermögenssteuer könnte in Berlin erneut zur Debatte stehen. Die CDU wertete die Einberufung des Parteitags als Autoritätsverfall des Kanzlers. FDP-Generalsekretärin Cornelia Pieper sprach von „Zerfallserscheinungen“ der Koalition.

Die Initiatoren des SPD-Mitgliederbegehrens bekräftigten ihren Plan, an der Basis-Abstimmung festzuhalten. „Wir sind der Auffassung, dass bei den notwendigen Reformen die breiten Schultern der Großverdiener und Vermögenden mehr tragen müssen als die schmalen Schultern des kleinen Mannes“, begründete der SPD-Abgeordnete Rüdiger Veit die Forderungen des Begehrens. Zehn Prozent der knapp 700 000 SPD-Mitglieder müssten das Begehren innerhalb von drei Monaten unterschreiben, damit es zu einer Abstimmung aller Mitglieder über die Reformpläne Schröders kommen könnte. „Ich habe keinen Zweifel, dass weit mehr als zehn Prozent der SPD-Mitglieder unsere Forderungen unterstützen“, sagte Veit dem Tagesspiegel. Er betonte aber, dass man damit „keinesfalls den Kanzler stürzen“ wolle.

Markus Feldenkirchen

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