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Politik: Schröder tadelt SPD-Minister

Kanzler: Schily und Clement hätten in Brüssel wegen Antidiskriminierungsregeln eingreifen müssen

Berlin - Der Bundeskanzler und sein Vize ärgern sich über die Kritik aus dem Kabinett am Antidiskriminierungsgesetz. Deshalb mussten sich Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und Innenminister Otto Schily (beide SPD) am Mittwoch von den beiden tadeln lassen. Kanzler Gerhard Schröder (SPD) wies nach Berichten von Teilnehmern darauf hin, dass die von der Wirtschaft und Teilen der SPD kritisierte Umkehr der Beweislast wegen Vorgaben der EU nicht geändert werden könne. Der Gesetzentwurf der Koalition sieht vor, dass bei einem begründeten Vorwurf der Arbeitgeber nachweisen muss, dass er einen Bewerber oder Arbeitnehmer nicht diskriminiert hat. Clements Warnung vor zu viel Bürokratie hielt Schröder entgegen, dass man dagegen in Brüssel hätte angehen müssen.

Vizekanzler Joschka Fischer (Grüne) erinnerte Schily und Clement daran, dass ihre Ministerien wesentliche Teile des Gesetzes selbst vorbereitet hatten. Clement wandte daraufhin ein, er könne nicht auch noch für die Arbeit der Fachebene seines Ministeriums verantwortlich gemacht werden. Schröder entgegnete den Berichten zufolge, die Vorlagen von Ministerien an die Koalitionsfraktionen müssten korrekt sein. Clements Haus ist für den arbeitsrechtlichen Teil des Gesetzentwurfs verantwortlich.

Auch Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck wies am Mittwoch darauf hin, dass ein wesentlicher Teil des Gesetzentwurfs vom Wirtschaftsministerium erarbeitet worden sei. „Daran sollte Herr Clement sich bei seiner Kritik erinnern“, sagte Beck. Die Zuarbeit aus Clements Ministerium bezeichnete er zudem als „an vielen Stellen unpräzise“. Der Grünen-Politiker ließ aber erneut die Bereitschaft seiner Partei zu Änderungen erkennen. Als Beispiel nannte er Zugeständnisse an die Wohnungsgesellschaften, denen eine „vernünftige soziale Streuung“ ihrer Mieter künftig erlaubt werden soll. Zudem kündigte er Gesprächsbereitschaft beim Arbeitsschutzrecht und bei der Anmeldung von Ansprüchen durch Diskriminierungsopfer an. „Wir sind bereit, hier eine gesetzliche Frist von sechs Monaten einzuführen“, sagte Beck. Damit wolle man Befürchtungen aus der Wirtschaft vor einer „Prozesslawine“ durch das neue Recht entgegentreten. Ähnliche Vorschläge hatte zuvor auch der Rechtsexperte der SPD-Fraktion, Olaf Scholz, gemacht. Aus den Änderungswünschen der Sachverständigen in der Anhörung des Familienausschusses am Montag könne man „wertvolle Anregungen aufgreifen“, sagte Scholz.

Ähnlich äußerte sich Fraktionsgeschäftsführer Wilhelm Schmidt. Er sagte, zwar werde es an einigen Stellen Änderungen am Gesetzentwurf geben. Er sei aber zuversichtlich, dass das Gesetz im April im Bundestag verabschiedet werden könne und die Koalition im Bundesrat die SPD-regierten Länder „an ihrer Seite“ habe. Die Länderkammer kann das Gesetz mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit zu Fall bringen.

Mit dem Gesetz setzt Deutschland vier EU-Richtlinien um, die in nahezu allen Staaten der EU bereits wirksam sind. Demnach sollen Bürger vor Benachteiligungen wegen ihres Alters, des Geschlechts, der Religion und ethnischen Herkunft, einer Behinderung oder ihrer sexuellen Orientierung geschützt werden.

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