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Politik: Schröder verschiebt Atom-Ausstiegspläne

BONN .Mit Rücksicht auf die Energiekonsens-Gespräche an diesem Dienstag hat Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) überraschend die Entscheidung über ein neues Atomgesetz vertagt.

Von Robert Birnbaum

BONN .Mit Rücksicht auf die Energiekonsens-Gespräche an diesem Dienstag hat Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) überraschend die Entscheidung über ein neues Atomgesetz vertagt.Schröder sagte Spitzenvertretern der Atomwirtschaft am Montag zu, daß das Kabinett die Novelle am Mittwoch nicht beschließen werde.Nach Darstellung von SPD-Seite gaben juristische Bedenken den Ausschlag.Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) hielt Schröder eine "Abweichung" vom Koalitionsvertrag vor.Die Grünen forderten umgehend ein klärendes Gespräch mit der SPD.Die Atomindustrie zog nach dem von beiden Seiten als konstruktiv gelobten Vorgespräch bei Schröder ihre Drohung zurück, schon den Auftakt der Konsensgespräche zu boykottieren.

Nach Darstellung von Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye stoppte Schröder den Atomgesetzentwurf, nachdem er am Sonntag abend die letzte Fassung aus dem Hause Trittin gesehen hatte.Schröder gehe davon aus, daß die Novelle jetzt binnen drei Wochen auf den parlamentarischen Weg gebracht werden könne.Die SPD-Spitze stellte sich hinter das Vorgehen des Kanzlers.SPD-Chef Oskar Lafontaine betonte, die Regierung habe sich vorgenommen, den Atomausstieg im Einvernehmen mit der Industrie zu regeln und Schadenersatzzahlungen zu vermeiden.

Das Justizministerium hatte in einem internen Vermerk darauf hingewiesen, daß die Bundesrepublik aufgrund eines diplomatischen Notenwechsels mit Frankreich und Großbritannien völkerrechtlich daran gehindert sein könnte, die Wiederaufarbeitung zu stoppen.Großbritannien pochte am Montag auf Entschädigungsansprüche.In dem Entwurf zur Atomnovelle wird die Wiederaufarbeitung ab dem Jahr 2000 verboten.Es soll aber sichergestellt werden, daß dies die Atombetreiber nicht zum Abschalten von Reaktoren zwingt.Baden-Württembergs Regierungschef Erwin Teufel (CDU) drohte mit einer Verfassungsklage.

Die Grünen reagierten irritiert auf Schröders Vorgehen.Fraktionssprecher Rezzo Schlauch bestand nach internen Beratungen darauf, den Zeitplan einzuhalten, nach dem die Atomnovelle am Mittwoch im Kabinett und am Freitag im Bundestag behandelt werden sollte.Er forderte noch vor dem Energiekonsensgespräch eine Klärung.

In dem Vorgespräch von vier Vorstandschefs der Stromindustrie mit Schröder am Montag sagten die Industrievertreter zu, die offizielle Konsensrunde am Dienstag nicht platzen zu lassen.Nach Angaben einer RWE-Sprecherin warnten sie aber, durch einseitige Schritte der Regierung sei eine "Vertrauenskrise" entstanden.

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