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Politik: Schröder: Wir müssen uns jetzt ändern

„Deutschland steht am Beginn eines harten Weges“ / Ministerin schließt Leistungskürzungen für Kranke aus

Berlin. Bundeskanzler Gerhard Schröder hat die Bürger zum Jahreswechsel auf schmerzhafte Einschnitte in den Sozialsystemen eingestimmt. Deutschland stehe am „Beginn eines harten Weges“, sagte Schröder am Montag in der ARD. Trotz massiver Kritik der Gewerkschaften stellte der Kanzler sich hinter ein Strategiepapier aus seinem Haus, das einen deutlichen Kurswechsel in der Gesundheitspolitik fordert. „Das soll schon eine Richtung angeben“, sagte Schröder. Damit deutet sich ein Konflikt mit Sozialministerin Ulla Schmidt an, die es erneut ablehnte, in der gesetzlichen Krankenkasse Wahltarife mit Eigenleistungen einzuführen.

Die jüngsten Eilgesetze, die im neuen Jahr in Kraft treten, hätten zwar die gröbsten Löcher in den Sozialsystemen und im Bundeshaushalt gestopft, sagte Schröder. Das sei aber nur „die Basis für einen grundlegenden Reformprozess, den wir in den nächsten vier Jahren leisten müssen“. Nach der Rente sollten nun auch in anderen Bereichen Reformen eingeleitet werden. Dafür hält der Kanzler einen Bewusstseinswandel in der Bevölkerung für notwendig. „Wir müssen Mentalitäten in Deutschland ändern.“ Deutschland könne nur ein reiches Land bleiben, „wenn jeder nicht auf den anderen zeigt, sondern bei sich selbst zu Veränderungen bereit ist“, forderte der Kanzler. Auch in seiner Neujahrsansprache, die am Silvesterabend ausgestrahlt wird, verlangt Schröder „mehr Eigenverantwortung“ von den Bürgern. Wohlstand und soziale Sicherheit könnten nur erhalten werden, „wenn wir uns auf unsere Kräfte besinnen und gemeinsam den Mut zu grundlegenden Veränderungen aufbringen“.

Schröder kündigte an, den Reformprozess auch gegen Widerstände fortsetzen zu wollen. „Wir sind am Beginn eines harten Weges.“ Für die Betroffenen werde das auch schmerzhaft sein. Deutliche Unterstützung für seinen Appell erhielt der Kanzler vom SPD-Politiker Rainer Wend, der „die klaren Worte zum Jahreswechsel“ lobte. Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit sagte dem Tagesspiegel: „Wir können nur Erfolg haben, wenn wir zu Veränderungen in den Sozialsystemen kommen.“ Wend kündigte an: „Das erwartet von uns allen einiges.“ Am Ende würden die Einschnitte aber sämtlichen Bürgern dienen.

Sozialministerin Ulla Schmidt schloss dagegen Leistungskürzungen in der gesetzlichen Krankenversicherung aus. „Da gehen wir nicht ran“, sagte die SPD-Politikerin. Leistungen, die „medizinisch angemessen notwendig und ausreichend“ seien, müssten ohne Einschränkung weiter zur Verfügung gestellt werden. Dies gelte auch für neue teure Medikamente oder Behandlungsverfahren. Die im kommenden Jahr geplante Gesundheitsreform solle den Patienten kaum wehtun, aber beim Sparen helfen.

Scharfe Kritik für ihre Reformpläne erntete Schmidt vom baden-württembergischen Ministerpräsidenten Erwin Teufel. „Es gibt keinen roten Faden“, sagte der CDU-Politiker. Teufel forderte ein Gesundheitswesen, das neben Solidarität auch von Eigenverantwortung geprägt sei. Für die Versicherten müsse es mehr Wahlfreiheit geben. „Es ist wirklich nicht einzusehen, dass es in fast allen Lebensbereichen Wahlmöglichkeiten vielfältiger Art gibt, nur im Gesundheitswesen nicht“, sagte Teufel. Versicherte sollten selbst entscheiden können, ob sie einen Selbstbehalt übernehmen wollten und damit einen Bonus bekämen.

Schmidt forderte die Opposition zur Zusammenarbeit auf, statt über Selbstbehalte zu streiten. „Wir müssen das gemeinsam machen“, sagte die Ministerin. Sie zeigte sich zuversichtlich, dass nach den Landtagswahlen im Februar ein Konsens erzielbar sei.

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