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Politik: Schüssel holt Haiders Schwester ins Kabinett

ÖVP und FPÖ einigen sich auf Koalitionsvertrag / Steuerreform geplant / Opposition: Bündnis wird erneut scheitern

Wien (ugl). Ein Vierteljahr nach der Parlamentswahl haben sich in Österreich die konservative Volkspartei (ÖVP) von Kanzler Wolfgang Schüssel und die rechtspopulistischen „Freiheitlichen" (FPÖ) am Freitag auf eine Wiederauflage ihrer Koalition geeinigt.

Offenbar kommen mit der neuen Regierungsvereinbarung auf die Österreicher wieder erhebliche finanzielle Belastungen zu. Laut Zeitungsberichten muss die Regierung rund 1,2 Milliarden Euro auftreiben, damit das Staatsdefizit nicht auf 1,6 Prozent steigt. Bereits in der ersten Legislaturperiode der schwarz-blauen Koalition, die nach drei Jahren im vergangenen Jahr vorzeitig geplatzt war, ist die Abgabenquote mit 44,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts 2002 auf ein Rekordniveau gestiegen. Teurer werden wegen der Einführung von Pauschalzahlungen zum Beispiel Arztbesuche. Die in Österreich im internationalen Vergleich überdurchschnittlich oft genutzte Möglichkeit zur Frühpensionierung wird eingeschränkt. Dafür sollen die Lohnnebenkosten für ältere Arbeitnehmer gesenkt werden. Geplant ist, die Steuerfreigrenze auf Einkommen bis 14 200 Euro im Jahr zu erhöhen und die Körperschaftssteuer ab 2005 von 35 auf 31 Prozent zu senken.

Schüssels Stellvertreter wird FPÖ-Chef Herbert Haupt, der zwar Sozialminister bleibt, aber das Gesundheitsressort abgibt. Das Innenministerium behält Ernst Strasser von der Volkspartei, die bei der Wahl am 24. November vergangenen Jahres mit 42 Prozent der Stimmen erstmals seit Jahrzehnten stärkste Partei Österreichs wurde.

Die FPÖ, die mit knapp 10 Prozent zwei Drittel ihrer Wähler verlor, hatte ihre kurze Zeit erhobene Forderung nach Übernahme des für Einwanderung zuständigen Ministeriums aufgegeben. Außenministerin bleibt Benita Ferrero-Waldner (ÖVP), Finanzminister ist weiterhin Karl-Heinz Grasser, der nach Streitigkeiten mit der Haider-Fraktion aus der FPÖ ausgetreten war und dann als Parteiloser in Schüssels Wahlkampfteam mitarbeitete.

Staatssekretärin für Soziales wird die FPÖ-Politikerin Ursula Haubner, Jörg Haiders Schwester. Der Kärntner Regierungschef hatte in den vergangenen Tagen mehrmals die sich abzeichnende Koalitionsvereinbarung inhaltlich kritisiert und Kanzler Schüssel indirekt Rache für die Ausrufung vorzeitiger Neuwahlen angedroht. Die Bundesparteileitung der „Freiheitlichen" im Parteivorstand stimmte zwar mehrheitlich für das Verhandlungsergebnis von FPÖ-Chef Haupt, es gab aber auch elf Gegenstimmen, vor allem aus der Kärntner FPÖ. Seit langem wird spekuliert, dass Haider mit seinen Getreuen nach dem Vorbild der bayrischen CSU eine Kärntner Landesgruppe innerhalb der Freiheitlichen plant, als Grundlage für parteiinterne Opposition.

Die Sozialdemokraten (SPÖ) und Grünen äußerten sich kritisch über die Neuauflage der Regierungskoalition. „Der Zug fährt weiter in die falsche Richtung“, sagte der SPÖ-Vorsitzende Alfred Gusenbauer. Er befürchte eine Fortsetzung der schwarz-blauen Belastungspolitik. Die stellvertretende Grünen-Bundessprecherin Madeleine Petrovic erklärte, die FPÖ sei in einem „derart desolaten Zustand“, dass es die „innenpolitisch größte Überraschung wäre, würde diese Koalition über die volle Länge gehen“.

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