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Politik: Schüssel in Berlin: Von der FPÖ kritisiert - und immer beliebter in der Öffentlichkeit

Wenn der österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel heute Mittag in Berlin eintrifft, wird das für ihn eine willkommene Abwechslung werden: Ein Vortrag vor der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, eine Pressekonferenz, dazu noch ein Treffen mit Gerhard Schröder. Bei allen Terminen wird es wahrscheinlich um Österreichs Rolle in Europa gehen.

Wenn der österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel heute Mittag in Berlin eintrifft, wird das für ihn eine willkommene Abwechslung werden: Ein Vortrag vor der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, eine Pressekonferenz, dazu noch ein Treffen mit Gerhard Schröder. Bei allen Terminen wird es wahrscheinlich um Österreichs Rolle in Europa gehen. Vor ein paar Wochen noch hätte das ein Spießrutenlauf für den Kanzler von Jörg Haiders Gnaden werden können. Aber jetzt ist das nicht mehr als ein netter Erholungstrip.

Denn spätestens seit die Sanktionen der EU-14 gegen die FPÖ-ÖVP-Koalition aufgehoben sind, hat Schüssel vornehmlich mit innenpolitischen Problemen zu kämpfen - Probleme, die zwar auch mit Jörg Haider zu tun haben, aber diesmal eine ernste Gefahr für die Wiener Mitte-Rechts-Koalition darstellen. Der Auslöser ist die so genannte Spitzelaffäre, in die fast die gesamte Führungsspitze der Freiheitlichen verwickelt ist. Die Staatsanwaltschaft ermittelt in mehr als 60 Fällen wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs - auch gegen Jörg Haider. Und weil die Beamten in Österreich - für manche etwas unerwartet - gewissenhaft ermitteln, könnte die Sache für die Freiheitlichen eng werden. Dementsprechend scharf schießt Jörg Haider im Moment auch - gegen die Exekutive, gegen das Innenministerium, und damit auch gegen die Koalition.

Sogar von einem freiheitlichen Misstrauensantrag gegen den ÖVP-Innenminister Ernst Strasser ist in Wien schon die Rede. Am Wochenende forderten prominente FPÖ-Politiker - vom Fraktionsvorsitzenden Peter Westenthaler abwärts - die Ablösung des Generaldirektors für die öffentliche Sicherheit. Dieser Beamte wird zwar der SPÖ zugerechnet, genießt aber auch das Vertrauen des ÖVP-Ministers. Und der kündigt in diversen Interviews an, "vollkommen hinter meinen Beamten zu stehen." Strasser: "Ich arbeite hier nicht für blau und nicht für schwarz, sondern für rot-weiß-rot."

Und genau das könnte für Wolfgang Schüssel gefährlich werden. Denn Strasser möchte nicht für die Ewigkeit Innenminister bleiben, sondern die Karriereleiter noch weiter aufsteigen. Dabei hilft ihm, dass er in der Öffentlichkeit immer beliebter wird. Auch, weil er nicht unbedingt als Freund der ÖVP-FPÖ-Koalition gilt. "Ich bin es gewohnt, dass ich kritisiert werde", so sein lapidarer Kommentar zu Haiders Attacken gegen seine Person. Und zum Rücktritt des bereits dritten FPÖ-Ministers innerhalb von neun Monaten: "Wir haben einen Koalitionspakt, der zu erfüllen ist." Wer das für die FPÖ macht, ist ihm relativ egal. Und weil Strasser ein gewiefter Taktiker ist, weiß er, dass es für die FPÖ nicht einfacher wird, wenn noch mehr FPÖ-Minister zurücktreten. Der Justizminister zum Beispiel, der ebenfalls in die Spitzelaffäre verstrickt ist, in der Strassers Beamte so besonders sorgfältig recherchieren.

Markus Huber

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