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Politik: Schüssel kündigt Koalition mit FPÖ

In Österreich Neuwahlen am 24. November? / Für Wiens Kanzler steht EU-Erweiterung nicht zur Disposition

Wien. Nach dem Sieg Jörg Haiders im innerparteilichen Machtkampf der FPÖ hat Österreichs Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) die Koalition mit den Freiheitlichen aufgekündigt. Neuwahlen sollen laut Schüssel „so bald wie nur irgend möglich", auf jeden Fall noch in diesem Jahr stattfinden. Als wahrscheinlichster Wahltermin gilt der 24. November. Eine weitere Koalition mit der FPÖ schloss der Regierungschef allerdings nicht aus. Schüssel begründete seine Entscheidung für Neuwahlen am Montagnachmittag damit, dass die Querelen beim Regierungspartner „eine sachorientierte Arbeit unmöglich gemacht“ hätten.

Von Paul Kreiner

„Das typisch österreichische Entweder-Und-Oder funktioniert nicht. Ich will Klarheit schaffen", sagte Schüssel. Nun sollten die Bürger entscheiden, „und nicht einzelne Parteirebellen. Das Volk erwartet Lösungen, nicht Machtkämpfe oder Machtkrämpfe.“ Im deutlichen Gegensatz zu Haider und dessen am Samstag in der FPÖ durchgesetzten Forderung, die EU-Erweiterung zu bremsen, versicherte Schüssel, dieses „Herzstück" seiner Regierungsarbeit stehe „nicht zur Disposition“.

Nach den Rücktritten in der Ministerriege der FPÖ lehnte Schüssel eine Umbildung des Kabinetts und eine Fortsetzung der Zusammenarbeit kategorisch ab. Das wäre, sagte er, lediglich ein „quälendes Weiterwurschteln“. Am Sonntagabend waren die Vizekanzlerin und FPÖ-Chefin Susanne Riess-Passer sowie Finanzminister Karl-Heinz Grasser aus Protest gegen Haider von ihren Ämtern in Partei und Regierung zurückgetreten; FPÖ-Verkehrsminister Mathias Reichhold folgte ihnen am Montag. Zurückgetreten sind ferner der Fraktionsvorsitzende der FPÖ im Parlament, Vize-Parteichef Peter Westenthaler, sowie der einflussreiche Vorarlberger Landeschef Hubert Gorbach.

Die anderen Minister der FPÖ, die sich in den vergangenen Tagen an Riess-Passers Seite gestellt hatten, wollen nun erst den Parteitag am 20. Oktober abwarten. Bis dahin stellen sie ihre Rücktrittsbeteuerungen zurück. Verteidigungsminister Herbert Scheibner ist in Haiders Lager übergelaufen und führt nun kommissarisch die Partei.

Der Bruch in der FPÖ hatte sich bereits am Samstagabend abgezeichnet, als ein informeller, um Haider versammelter „Rebellenparteitag“ der Regierung einige Bedingungen diktieren wollte, die sowohl gegen den Kurs der Regierung, der Parteiführung um Riess-Passer als auch gegen das Koalitionsabkommen verstoßen. Dabei geht es um ein Veto gegen Tschechiens EU-Beitritt – begründet mit der Haltung Prags zu den Benes-Dekreten und dem Betrieb des grenznahen Atomkraftwerks Temelin. Ferner wollten die Gegner Riess-Passers eine Steuersenkung im Jahr 2003 durchsetzen. Die Regierung hatte diese mit Blick auf Konjunktur und Hochwasserschäden auf 2004 verschoben. Auch sollte Haider trotz seines „vollständigen und endgültigen“ Rückzugs aus der Bundespolitik in den Koalitionsausschuss zurückkehren.

Haider bezeichnete das Scheitern der Koalition als „persönliche Niederlage“. Auf die Frage, ob er die Führung der FPÖ wieder übernehmen wolle, sagte der Kärntener Landeshauptmann: „Ich glaube nicht, dass ich der geeignete Kandidat bin.“

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