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Politik: Schützten die USA Karadzic?

Vermittler Holbrooke soll Zusagen gemacht haben

Belgrad - Der als Kriegsverbrecher angeklagte frühere bosnische Serbenführer Radovan Karadzic soll bis zum Jahr 2000 unter dem Schutz der USA gestanden haben. Dann habe ihn der US-Geheimdienst CIA dabei ertappt, wie er die als Voraussetzung für diesen Schutz geltenden Vereinbarungen gebrochen habe, berichtete die serbische Zeitung „Blic“ am Wochenende unter Berufung auf eine US-Geheimdienstquelle. Die CIA habe ein Telefongespräch abgehört, aus dem klar hervorgegangen sei, dass Karadzic weiterhin die Serbische Demokratische Partei (SDS) geleitet habe.

„2000 gab es ein SDS-Treffen in Bijeljina, das von Karadzic persönlich geleitet wurde“, sagte der US-Geheimdienstler der Zeitung zufolge. „Er gab den Mitgliedern Anweisungen, wer abgesetzt und wer in eine bestimmte Position befördert werden sollte.“ Damals habe sich bei der CIA der Eindruck festgesetzt, dass Karadzic auf die Absprachen pfeife. Aus Verärgerung sei dann der „informelle Schutz“ für Karadzic aufgehoben worden, der ihn auch vor der Festnahme durch andere Geheimdienste geschützt habe.

Karadzic hatte am Donnerstag vor dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag erklärt, der frühere US-Gesandte Richard Holbrooke habe ihm im Gegenzug zu seinem Rückzug aus dem politischen Leben Schutz vor Verfolgung durch das Tribunal zugesichert. Die von „Blic“ angeführte Quelle erklärte: „Ich bin mir nicht sicher, ob es ein schriftliches Dokument dafür gibt, aber ich weiß andererseits, dass Holbrooke auf höchster Ebene mündliche Garantien für Karadzic abgegeben hat.“ Der frühere bosnisch-serbische Außenminister Aleksa Buha sagte dem Sender Radio Belgrad, der US-Unterhändler Holbrooke habe seinerzeit ihm gegenüber die Abmachung bestätigt und ihm zugesagt, dass Karadzic nicht vor das Kriegsverbrechertribunal komme, wenn er sich nicht politisch betätige.

Dieses Versprechen habe Holbrooke während eines Treffens in Belgrad in der Nacht zum 19. Juli 1996 abgegeben, an dem auch der damalige jugoslawische Präsident Slobodan Milosevic, der damalige jugoslawische Außenminister Milan Milutinovic und der frühere bosnisch-serbische Parlamentspräsident Momcilo Krajisnik teilgenommen hätten. Krajisnik war während der Friedensverhandlungen in Dayton in den USA der ranghöchste Vertreter der bosnischen Serben. Karadzic wiederholte auch die – ebenfalls nicht neue – Behauptung, die damalige US-Außenministerin Madeleine Albright habe vorgeschlagen, er könne ins Exil gehen. Auch Albright hatte das dementiert.

Das Gericht in Den Haag veröffentlichte Karadzics Ausführungen am Freitag als offizielle Eingabe des Angeklagten. Holbrooke selbst hatte am Freitag dem US-Sender CNN gesagt: „Das ist eine vollständig falsche Aussage.“ Auch der heutige schwedische Außenminister Carl Bildt, der damals für die internationale Gemeinschaft in Bosnien vermittelte, dementierte. Holbrooke gilt als Architekt des Friedensabkommens von Dayton, mit dem der Bürgerkrieg in Bosnien nach drei Jahren 1995 beendet wurde. Ein Jahr später verhandelte er wieder – auch mit Karadzic –, um das Abkommen mit Leben zu erfüllen. Für ihn war Karadzic der größte Blockierer. AFP/dpa

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