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Schuldenkrise: Griechenlands Beamte blockieren EU-Sparpläne

Sogar im griechischen Finanzministerium regt sich Widerstand gegen das Sparprogramm von Ministerpräsident Papandreou: streikende Ministerialbedienstete hielten am Donnerstag die Eingänge des Gebäudes besetzt. Der Gewerkschaftsbund kündigt einen Generalstreik an.

Sogar im fernen Indien beschäftigt den griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou die Schuldenkrise in seiner Heimat: Eine „nationale Notwendigkeit“ sei das Sparprogramm, das seine Regierung umsetzen wolle, erklärte Papandreou am Donnerstag bei einem Staatsbesuch in Neu-Delhi eindringlich. Jene, die bisher „die größten Privilegien genießen, müssen am meisten beitragen“ zur Bewältigung der Krise, kündigte er an – ein Hinweis auf die Steuerpläne der Regierung, die Finanzminister Giorgos Papakonstantinou kommende Woche vorstellen wird.

Doch sogar im Finanzministerium regt sich Widerstand: streikende Ministerialbedienstete hielten am Donnerstag die Eingänge des Gebäudes besetzt. Auch die Zöllner und Steuerfahnder traten in den Ausstand. Zwar versichert Papandreou, die Steuerreform werde kleine und mittlere Einkommen schützen. Doch viele Staatsbedienstete fürchten, dass von ihnen die Rede ist, wenn der Premier von „Privilegien“ spricht, die es zu beschneiden gilt. Das ist keine unberechtigte Sorge, denn viele griechische Staatsdiener haben sich im Laufe der vergangenen Jahrzehnte beträchtliche Vorrechte erstritten: viele kassieren durch Überstunden und Zulagen mehr als mit ihrem Grundgehalt; 14 Monatsgehälter sind die Regel, die Parlamentsdiener beziehen sogar 16 Gehälter pro Jahr; und nur wenige Staatsbedienstete werden alt in ihrem Job: viele gehen bereits mit Ende 50 in Pension. Kein Wunder, das die Jobs im Staatsdienst heiß begehrt sind: 833 888 Menschen beschäftigte der griechische Staat Ende 2009. Damit lebt jeder fünfte Lohn- und Gehaltsempfänger auf Kosten des Steuerzahlers. In der Vergangenheit hat sich ihre Zahl pro Jahr um durchschnittlich 10 000 erhöht. Jetzt hat Papandreou einen Einstellungsstopp verhängt, außerdem erwartet die meisten öffentlichen Beschäftigten in diesem Jahr eine Nullrunde und eine Kürzung ihrer Zulagen.

Dass die Regierung auch Großverdiener mit einem erhöhten Spitzensteuersatz und Immobilienbesitzer mit Sonderabgaben zur Kasse bitten will, ist für die Staatsbediensteten ein schwacher Trost. Sie wollen am kommenden Mittwoch gegen die Kürzungen ihrer Zulagen streiken. Die Einbußen könnten unter dem Strich sieben bis 20 Prozent ausmachen, rechnet die Athener Zeitung „Kathimerini“ vor. Gestern beschloss der griechische Gewerkschaftsbund GSEE einen landesweiten Generalstreik am 24. Februar. Noch glaubt Finanzminister Papakonstantinou, dass die Mehrheit der Bürger die Notwendigkeit des Sparprogramms einsehe und die Einschnitte mittrage. Ob das stimmt, wird sich auch an der Resonanz auf die Streikaufrufe zeigen. Kurz vor seiner Abreise nach Indien verschärfte Papandreou den Sparkurs noch einmal und gab zusätzliche Maßnahmen bekannt: höhere Abgaben auf Treibstoffe, bis zu 40 Prozent Steuern auf Aktiendividenden, auch eine Erhöhung des Rentenalters auf 67 steht zur Diskussion. Am kommenden Dienstag will die Regierung ihre Pläne zur Rentenreform und die neue Einkommenspolitik im öffentlichen Dienst erläutern. Zwei Tage später wird sich Premier Papandreou auf dem EU-Sondergipfel den Fragen seiner Amtskollegen stellen. Finanzminister Papakonstantinou muss unterdessen jeden Monat der Brüsseler Kommission Rechenschaft über die Haushaltsführung ablegen. Bei Abweichungen vom Budget werde die Kommission sofort zusätzliche Sparmaßnahmen fordern, kündigte Währungskommissar Joaquin Almunia an. So will die Kommission sicherstellen, dass die Griechen ihr Haushaltsdefizit bis 2012 unter die Dreiprozentgrenze drücken. „Drei steinige Jahre“ stünden dem Land nun bevor, titelte gestern die Athener Zeitung „Ta Nea“ – wie steinig der Weg aber wirklich ist, machen sich die meisten Griechen aber wohl noch gar nicht klar.

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