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Auch Wolfgang Schäuble wünscht sich, das Angela Merkel "endlich mal ein Risiko" eingeht.

© dpa

Schuldenkrise: Merkel unter Druck aus eigenen Reihen

Kurz vor dem Krisengipfel der Euro-Zone drängen CDU-Präsidiumsmitglieder Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einem Kurswechsel in der Schuldenkrise – doch die lehnt strikt ab.

Von
  • Lutz Haverkamp
  • Robert Birnbaum

Berlin - Kurz vor dem Krisengipfel der Euro-Zone wird immer deutlicher, wie gespalten die Bundesregierung und die Koalitionsparteien bei der Lösung der Schuldenkrise sind. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) schraubte am Dienstag die Erwartungen an den Euro-Sondergipfel am Donnerstag in Brüssel herunter. „Es gibt gegenwärtig eine sehr große Sehnsucht nach einem abschließenden, einem einzigen großen Schritt – am besten spektakulär“, sagte sie in Hannover. Es gehe aber „einzig und allein um einen kontrollierten, beherrschbaren Prozess aufeinander aufbauender Maßnahmen“, betonte sie.

Dagegen haben nach Informationen des Tagesspiegels mehrere Mitglieder des CDU-Präsidiums bei der Sitzung am Montag Merkel zu einem Kurswechsel bei der Euro-Rettung aufgefordert. Die Kanzlerin solle ihre abwartend-kritische Haltung aufgeben und beim Euro-Gipfel den Weg für eine Transferunion freimachen, in der die Mitgliedstaaten ihre Schulden gegenseitig garantieren. Dies würde Deutschland zwar Geld kosten, so das Argument dieser innerparteilichen Fraktion, in der Summe aber viel billiger sein als ein Scheitern des Euro. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) soll laut „Spiegel“ geseufzt haben: „Sie muss endlich mal ein Risiko eingehen.“ Der frühere CDU-Verteidigungsminister Volker Rühe bezeichnete Merkels Krisenmanagement im „Flensburger Tageblatt“ als „mangelhaft“.

Wer jetzt nach Eurobonds, einer Umschuldung oder einer Transferunion rufe, handele politisch nicht verantwortlich, konterte die Kanzlerin. „Es ist menschlich, dass man sich so etwas wünscht. Aber ich werde dem so nicht nachgeben.“ Am heutigen Mittwoch will Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy in Berlin mit Merkel über den Gipfel sprechen. CDU-Führungsmitglieder begründeten die Forderung nach durchgreifend wirksamen Maßnahmen vor allem mit der steigenden Nervosität in den eigenen Reihen. „Die Leute werden unsicher“, sagte ein Vorstandsmitglied. Der Eindruck, dass trotz immer neuer Rettungspakete keine Besserung eintrete, lasse die eigene Basis an der Regierung zweifeln. Andere Mitglieder der CDU-Spitze bemängelten, dass Merkel sich zu taktisch im Hinblick auf vermeintliche Wählererwartungen verhalte. Der Versuch, die finanziellen Belastungen niedrig zu halten, verkenne die Tatsache, dass die Märkte ohne ein eindeutiges Signal der europäischen Entschlossenheit keine Ruhe gäben. „Wir müssen diesen Knoten durchschlagen“, sagte ein Präsidiumsmitglied.

Die SPD hatte der Kanzlerin Zusammenarbeit angeboten und deren Zustimmung zu den Eurobonds als Bedingung dafür genannt. Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker hatte gemeinsame europäischen Staatsanleihen vor einem Jahr ins Gespräch gebracht. Die Debatte darüber war nach dem EU-Finanzministertreffen in der vorigen Woche neu entflammt, nachdem Schäuble eine „tabulose“ Suche nach Wegen aus der Euro-Krise angekündigt hatte. Ausdrücklich nicht ausgeschlossen wurde nach der Sitzung, dass der Euro- Rettungsfonds griechische Schuldtitel aufkaufen könnte, was Experten als einen möglichen Einstieg in eine Vergemeinschaftung der Schulden werteten.

Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) kann dem nichts abgewinnen: „Der Rettungsfonds darf nicht zum Gläubiger griechischer Staatsanleihen werden.“ Rösler sprach sich in der „FAZ“ für die Beteiligung privater Gläubiger und gegen Eurobonds aus. mit chz/rtr

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