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Politik: Schulprobleme Sprengsatz für Berlin

Studie: Sogar Gefahr für Fusion mit Brandenburg / Ausländerkinder sollen auch samstags Deutsch lernen

Berlin. Um die Fusion von Berlin und Brandenburg nicht mit den Schulproblemen der Migrantenkinder zu belasten, sollen die Berliner Schulen die Sprachförderung deutlich ausweiten. Kinder, die kein Deutsch können, sollen künftig auch sonnabends, nachmittags und in den Ferien Sprachunterricht bekommen. Dies fordern führende Erziehungswissenschaftler in einem Bildungsbericht im Auftrag von Berlins Schulsenator Klaus Böger und dessen brandenburgischem Amtskollegen Steffen Reiche (beide SPD). Sie warnen vor einem „sozialen Sprengsatz“, wenn jeder vierte ausländische Schüler ohne Abschluss dasteht.

Der Bildungsbericht, der dem Tagesspiegel vorliegt, umfasst alle Bildungsbereiche vom Kindergarten bis zur Berufsschule. Unter dem Vorsitz von Deutschlands Pisa-Papst Jürgen Baumert erarbeiteten Wissenschaftler mehrerer deutscher Universitäten und Schulpraktiker eine Liste von Empfehlungen, die dem schlechten Abschneiden Berlins und Brandenburgs bei der Pisa-Studie Rechnung trägt und zeigt, wie beide Länder zu einer gemeinsamen „Bildungsregion“ zusammenwachsen können.

Im Mittelpunkt des Berichts steht die Frage der Qualitätsentwicklung: Was können Schulen und was kann die Politik tun, damit sich das Pisa-Desaster nicht wiederholt? Nach Ansicht der Kommission wäre es falsch, auf die Probleme mit einer neuen Strukturdebatte – Gesamtschule ja oder nein – zu antworten. Wichtiger sei es, die Leistungsstandards festzuklopfen und ihre Einhaltung durch Vergleichsarbeiten und gemeinsame Abschlussarbeiten abzuprüfen. Es sei „völlig unvertretbar“, wenn Lehrer die Normen willkürlich festlegten und man dann die Folgen von Mängeln in der pädagogischen Arbeit den Schülern anlaste.

Um den Lehrern bei ihrer Arbeit zu helfen, sollen an großen Schulen und in sozialen Brennpunkten Sozialarbeiter, Sozialpädagogen, Psychologen sowie Assistenten für technische Aufgaben eingesetzt werden. Zudem plädiert die Kommission dafür, dass Lehrer stärker kooperieren und mehr für die Schüler da sind. Deshalb müssten sie künftig einen größeren Teil ihrer Arbeitszeit in die Schulen verlegen. Damit herausragende Leistungen honoriert werden können, wird für eine „grundlegende Änderung“ des Beamtenund Arbeitsrechts geworben, das bisher einer individuellen Würdigung von Leistung entgegenstehe.

Da die Finanzen beider Bundesländer kaum Raum für zusätzliche Bildungsinvestitionen lassen, fordern die Wissenschaftler eine Umschichtung von Personalmitteln zugunsten der sozial besonders belasteten Bezirke. Für alle Schüler soll es wöchentlich mehr Unterricht geben.

Keinen Nutzen erwartet die Kommission von kleineren Klassen. Wichtiger sei es, dass die Lehrer besser auf den Unterricht mit Migrantenkindern vorbereitet würde. Dazu müsse die Lehrerausbildung reformiert werden. Auch regelmäßige Fortbildungen soll es geben. Das „Sitzenbleiben“ soll auf ein Minimum reduziert werden.

Susanne Vieth–Entus

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