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Politik: Schwach, aber gefährlich

Al Sadrs Milizen hatten kaum Erfolg – doch sie terrorisierten ihre Landsleute. Jetzt sollen sie abziehen

Bagdad - Ohne einen Triumph über die Besatzungstruppen sind die schiitischen Milizen des radikalen Predigers Muktada al Sadr am Donnerstag aus den Straßen der Pilgerstadt Nadschaf zunächst verschwunden. Ob der mit schiitischen Führern vereinbarte Rückzug von Dauer ist oder sogar die Weichen für ein Ende des von al Sadr betriebenen Aufstandes stellen könnte, wird sich zeigen. Klar ist: Der etwa 30-Jährige steht nach mehreren Niederlagen unter Druck. Auch seine Taktik, aus der Deckung heiligster Stätten der Schiiten anzugreifen, hat ihm bei der Bevölkerung nicht nur Freunde gemacht.

Militärisch sind die Kämpfer der Mehdi-Milizen bei den wochenlangen Gefechten weitgehend wirkungslos geblieben. US-Truppen meldeten fast täglich den Tod von Dutzenden von Gegnern in Gefechten, während die Besatzer – anders als in den sunnitischen Hochburgen des Widerstandes – wenig Opfer zu beklagen hatten. „Das ist nicht erstaunlich. Wenige der Milizkämpfer sind ausgebildet, viele sind kaum mehr als Bewaffnete aus den Reihen der Plünderer“, sagt ein Iraker in Bagdad. Trotzdem schüchtern die Truppen sehr wohl ihre Landsleute ein. Das musste auch der gemäßigte aber einflussreiche Geistliche Ajatollah Mohammed Taki al Mudarrissi erleben, der in der Pilgerstadt Kerbela zu einer Demonstration für den Abzug der Besatzungsarmee und der Milizen aufgerufen hatte. Bewaffnete Anhänger al Sadrs sprengten die Demonstration von rund 1500 Irakern.

Bei den Gefechten in Nadschaf, Kerbela oder Kufa sind heilige Stätten von Granatsplittern und Projektilen beschädigt worden. Die Wut darüber schlug bisher ausschließlich den amerikanischen Soldaten entgegen. Nachdem eine Granate in einer Moschee in Kufa eingeschlagen war, sagte al Mudarrissi: „Die US-Truppen scheinen alles anzugreifen, nachdem sie bei der Schaffung von Sicherheit und Stabilität gescheitert sind“. Doch als diese Woche eine Granate vor der Imam-Ali-Moschee in Nadschaf einschlug, gerieten die Milizen unter Tatverdacht. Die Moschee beherbergt den Schrein des Imam Ali und ist eines der wichtigsten Heiligtümer der Schiiten.

Mit dem Rückzugsabkommen haben führende Schiiten dem Prediger einen Ausweg angeboten. Was aus seinen Milizen werde, müsse verhandelt werden, sagte der irakische Sicherheitsberater Muwaffak al Rubai. Die Besatzungstruppen haben unterdessen den Kreis um al Sadr immer enger gezogen. Soldaten haben den Schwager und Berater des Predigers im Zusammenhang mit dem im vergangenen Jahr begangenen Mord an dem Geistlichen Abdelmadschid al Choei festgenommen. Auch al Sadr selbst solle sich stellen und seine Miliz entwaffnen, sonst gehe der Militäreinsatz weiter, sagte der US-Militärsprecher Mark Kimmitt. „Wir zerschlagen diese Miliz immer weiter.“

(dpa)

Carsten Hoffmann

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