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Schwarz-Gelb: Finanzminister gesucht

Herren des Geldes. Guttenberg, Koch, de Maiziere – oder doch die FDP: Wer bekommt das Schlüsselressort des Kabinetts?

Von
  • Robert Birnbaum
  • Antje Sirleschtov

Berlin – Der Thomas de Maiziere, sagt einer aus der CSU, der sei ja unglaublich im Stoff. Der Roland Koch, sagt einer aus der FDP, der habe da neulich in der großen Runde aus dem Stand einen Vortrag über die künftige Bedeutung einer supranationalen Energiepolitik gehalten – „faszinierend“. Der Hermann Otto Solms, sagt einer aus der CDU, sei letzthin doch recht still. Koalitionsverhandlungen sind politische Flutlichtphasen, die die Talente, aber auch die Schwächen der Beteiligten greller als sonst ins Helle rücken. Manche Karrierekurve hat dabei schon eine neue Richtung eingeschlagen.

Das Urteil aus der jeweils anderen Partei für den Kanzleramtsminister, den hessischen Regierungschef und den FDP- Oberfinanzer ist insofern bemerkenswert, als ganz theoretisch alle drei für das drittwichtigste Ressort in der nächsten Regierung infrage kommen: Das Finanzministerium. Die Frage, welche Partei den einzigen Kabinettsposten mit formalem Veto-Recht erhält, gehört zu den spannendsten der nächsten Tage. Das Finanzressort ist der Dreh- und Angelpunkt des ganzen Personalkarussells.

Theoretisch ist die Lösung einfach. Angela Merkel als Kanzlerin ist für die CDU gesetzt, Guido Westerwelle als Außenminister für die FDP auch, als Nächstes wäre dann die CSU am Zug. Aber alle, die so etwas schon mal aus der Nähe erlebt haben, wissen zu berichten: Praktisch läuft es nicht so mechanisch ab, wenn zuletzt die drei Parteichefs das Paket schnüren. Gleichwohl spricht einiges dafür, dass Horst Seehofer im Laufe der Chef-Gespräche vor der Frage stehen wird, ob die CSU das Ressort besetzt.

Es gibt nämlich in der CDU nur wenige, die sich ernsthaft vorstellen können, dass die Union das Schlüsselministerium der FDP überlässt. Zwar hat auch diese Lösung ihre Fürsprecher in der CDU-Spitze – mit der Begründung, selbst die Kasse zusammenhalten zu müssen, sei die beste Methode, den Liberalen den Spaß am Wohltatenverteilen zu verderben. Aber die Erfahrung der großen Koalition hat Merkel und die Ihren gelehrt, dass man das Portemonnaie besser selbst in der Hand behält. „Peer Steinbrück war für uns ein Glücksfall“, sagt ein Unionsmann. „Das hätte anders enden können.“

Dass Westerwelle darauf bestehen würde, dass die FDP das Amt erhält, gilt derzeit als nicht allzu wahrscheinlich. Politiker aller drei künftigen Koalitionäre gehen davon aus, dass der FDP-Chef mindestens vier Ministerien fordern wird. Er hat mit seinem starken Wahlergebnis gute Argumente. Verzicht auf die Finanzen könnte ihm dabei Zugriff auf Ressorts ermöglichen, die das Bild der FDP über die Klassiker Justiz und Wirtschaft hinaus verbreitern würde.

Umgekehrt kann Seehofer nicht darauf hoffen, dass für die nur halb so starke CSU mehr als zwei Ressorts bleiben. Das eine davon wird nach menschlichem Ermessen wie bisher die Landwirtschaft sein. Für das zweite ergibt sich eine kuriose Lage: Der Inhaber steht fest – nur das Ressort nicht. Am Partei- und Publikumsliebling Karl-Theodor zu Guttenberg führt für Seehofer kein Weg vorbei. Der CSU-Chef sieht sich daheim ja ohnehin schon einer Debatte über das miese CSU-Wahlergebnis und seinen Anteil daran ausgesetzt. Am Montag verschob die CSU-Spitze die angekündigte Wahlanalyse bis zum 16. November.

Weil das alles so ist, gehört Guttenberg trotz seiner Jugend und erst sehr begrenzten Kabinettserfahrung zu den ernsthaften Finanzminister-Kandidaten. Wird er das nämlich nicht, sondern ein CDU- Mann, wird die FDP sich die Zuständigkeit für Wirtschaft greifen. Damit bleibt an „klassischen“ Ressorts nicht viel. „Ist doch klar, Guttenberg macht dann Verteidigung“, sagt ein CDU-Spitzenmann.

Zu den einfacheren Personalfragen bei der FDP gehören Zugriff und Besetzung im Außenamt und beim Justizressort. Nirgendwo ist in den letzten zwei Wochen ein ernsthafter Zweifel im Kreis der Verhandlungsteilnehmer daran geäußert worden, dass Westerwelle ins Außenamt geht. Und im Justizministerium gilt Sabine Leutheusser-Schnarrenberger als kompetente und vorzeigbare Vertreterin der Liberalen. Dann allerdings wird’s schon deutlich schwieriger. Solms, der Anwärter auf das Finanzministerium, ist auch in FDP-Kreisen als etwas unbeweglicher Verhandler aufgefallen. Bleiben für den Augenblick noch zwei Dinge festzuhalten: Von Westerwelle wird erwartet, dass er einen Kabinettssessel für einen Jüngeren herbeischafft. Und was den ins Wirtschaftsministerium drängenden Rainer Brüderle betrifft, so hört man neuerdings, der Brüderle sei erster Westerwelle-Stellvertreter und damit nicht zu übergehen. Obwohl es doch – rein formal – gar keinen ersten FDP-Vize gibt.

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