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CSU-Chef Horst Seehofer (links), Kanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel sowie Außenminister und FDP-Chef Guido Westerwelle (rechts) stellten den niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff als Kandidaten vor.

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Politik: Schwarz-Gelb nominiert Wulff

Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff soll neuer Bundespräsident werden. Im Reichstag erklärte Wulff, er wolle als Bundespräsident „etwas für den Zusammenhalt“ in Deutschland tun.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), FDP-Chef Guido Westerwelle und CSU-Chef Horst Seehofer stellten den 50-jährigen CDU-Politiker am Donnerstagabend im Reichstag als gemeinsamen Kandidaten der Koalition für die Nachfolge des abgedankten Horst Köhler vor. SPD und Grüne wollen den ehemaligen DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck (parteilos) als gemeinsamen Gegenkandidaten in die Bundesversammlung am 30. Juni schicken, müssen angesichts der Mehrheitsverhältnisse aber mit einer klaren Niederlage rechnen.

Wulff erklärte im Reichstag, er wolle als Bundespräsident „etwas für den Zusammenhalt“ in Deutschland tun: „Man kann die Menschen zusammenführen.“ Er fügte hinzu: „Mein ganzes Bemühen wird darauf gerichtet sein, den Menschen und dem Amt zu dienen.“ Merkel, Westerwelle und Seehofer zeigten sich erfreut darüber, dass es gelungen sei, Wulff für die Aufgabe zu gewinnen. Seehofer äußerte sich zudem zufrieden mit dem Verfahren der Kandidatenfindung.

Der niedersächsische Ministerpräsident stand von Anfang an auf der Liste der potenziellen Bewerber, zu denen auch Finanzminister Wolfgang Schäuble und Bundestagspräsident Norbert Lammert (beide CDU) zählten. Mehrere Tage lang wurde aber die ebenfalls aus Niedersachsen stammende Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) als Merkels Favoritin gehandelt. Doch war in Regierungskreisen stets betont worden, dass die Entscheidung nicht gefallen sei. Merkel wäge noch ab, ob ein Fortgang der sehr dynamischen Ministerin aus der aktiven Politik der richtige Schritt auch mit Blick auf die Zusammensetzung des Kabinetts sei. In den zurückliegenden Besprechungen mit den Parteichefs der Koalition hatte Merkel nach Angaben von mehreren Seiten keine klare Präferenz genannt. Offenbar hat sie mit Leyen selbst über die Personalie auch nicht gesprochen.

Konkret angeboten hat die CDU-Chefin das Amt Wulff, der am Mittwoch zusagte. Nach Informationen aus Parteikreisen hatte zu diesem Zeitpunkt die FDP signalisiert, dass es in ihren Reihen einige Bedenken gegen Leyen gebe. Zugleich machten sich CDU-Landesverbände wie Baden-Württemberg massiv für den Parteivize stark. In dem Bundesland wird im nächsten Jahr gewählt. In der konservativ geprägten Südwest- CDU unter ihrem Vorsitzenden und Ministerpräsidenten Stefan Mappus gibt es Vorbehalte gegen Leyen, vor allem wegen ihrer Modernisierungspolitik in der Zeit als Familienministerin.

Wulffs Wahl zum zehnten Bundespräsidenten in der Bundesversammlung gilt als sicher. Die schwarz-gelbe Koalition hat dort gut 20 Stimmen mehr, als für die absolute Mehrheit im ersten Wahlgang notwendig sind. Der CDU-Politiker stößt in den eigenen Reihen wie bei den Koalitionspartnern CSU und FDP zudem auf keinerlei inhaltliche Vorbehalte. Er wäre mit dann 51 Jahren das bisher jüngste Staatsoberhaupt. Seine Nachfolge in Niedersachsen hat Wulff bereits 2008 vorbereitet, als er das Amt des Landesparteichefs an den Fraktionsvorsitzenden David McAllister abgab. Der 39-Jährige dürfte jetzt auch Wulffs Nachfolger als Ministerpräsident werden. Merkel allerdings muss beim CDU-Parteitag im Herbst nun möglicherweise drei der vier Vizevorsitzenden austauschen, nachdem Roland Koch seinen Rückzug angekündigt hat und die politische Zukunft von NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers unsicher ist.

SPD und Grüne reagierten mit der Nominierung von Joachim Gauck als eigenem Kandidaten für das Präsidentenamt auf die Benennung Wulffs. Der ehemalige Bundesbeauftragte für die Unterlagen der Staatssicherheit hatte nach Informationen aus Parteikreisen bereits am Montag dem Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin seine Bereitschaft zur Kandidatur erklärt. Seine Chancen sind allerdings gering, da Gauck bei der Linkspartei nicht mit Zustimmung rechnen kann. Der frühere DDR-Bürgerrechtler hatte erst kürzlich dem brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) einen zu laxen Umgang mit der Linken in Fragen der Vergangenheitsbewältigung vorgeworfen. Der stellvertretende Fraktionschef der Linkspartei, Dietmar Bartsch, reagierte mit Kritik auf Gaucks Kandidatur. Dem Tagesspiegel sagte Bartsch am Donnerstag: „Das ist kein Zeichen an die Linke. Das gilt für das Verfahren und die Person.“

SPD-Chef Sigmar Gabriel warf Merkel vor, die Kandidatenkür der Union sei ein „verheerendes Schauspiel“ gewesen. Mit ihrem Vorgehen habe die Kanzlerin das höchste Staatsamt aus Machtkalkül beschädigt. Auch Grüne und Linke äußerten sich kritisch über das Verfahren und den Kandidaten Wulff.

Der zurückgetretene Bundespräsident Köhler soll am 15. Juni mit einem Großen Zapfenstreich feierlich aus dem Amt verabschiedet werden. Das amtierende Staatsoberhaupt, Bundesratspräsident Jens Böhrnsen (SPD) aus Bremen, setzte den Termin am Donnerstag an und nahm zugleich erste repräsentative Amtsgeschäfte im Schloss Bellevue wahr.

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