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Irgendwie einig. Vizekanzler Philipp Rösler (FDP) und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reden wieder über Steuersenkungen.

© Tobias Schwarz/Reuters

Schwarz-Gelb: Ungeliebtes Steuergeschenk

Schwarz-Gelb will jetzt doch noch die Steuern senken, stößt damit aber auf viel Widerstand. Mehrere Ministerpräsidenten aus der CDU sehen keinen Spielraum.

Berlin - Die schwarz-gelbe Koalition hat schon viele und vieles zu retten versucht: die Banken, Griechenland, den Euro. Nun schnürt sie ein Rettungspaket in eigener Sache. Die Regierung will milliardenschwere Steuersenkungen zur Entlastung des Mittelstands beschließen, nur um die notleidende FDP vor dem Untergang an der Wahlurne zu bewahren. So oder ähnlich fielen am Mittwoch die Reaktionen der Opposition auf das Vorhaben der christlich-liberalen Bundesregierung aus, noch in dieser Legislaturperiode Ernst zu machen mit dem Steuersenkungsversprechen aus dem Bundestagswahlkampf 2009.

Die Häme von SPD, Grünen und Linken ist womöglich nur ein Vorgeschmack auf das, was in den kommenden Wochen auf die kränkelnde schwarz-gelbe Koalition zukommt. Anders als noch vor zwei Jahren sind Steuersenkungen auf breiter Front in Zeiten der Euro-Krise beim Wähler kein Kassenschlager mehr. Im Gegenteil. Selbst die deutschen Führungskräfte aus Wirtschaft und Verwaltung raten laut einer Allensbach-Umfrage zu fast 80 Prozent von Steuersenkungen in dieser Legislaturperiode angesichts der Schuldenprobleme in den Haushalten ab. Sie halten es eher mit Berlins Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos). „Solange die Bundesrepublik die Maastricht-Kriterien nicht erfüllt, können wir uns Steuersenkungen nicht leisten.“

Es ist deshalb die Frage, ob FDP-Chef Philipp Rösler in diesen Tagen wirklich einen späten Sieg feiern kann, wenn er die fundamentale FDP-Forderung „mehr Netto vom Brutto“ doch noch durchsetzt. Womöglich wirken milliardenschwere Steuersenkungen, die obendrein noch als FDP-Rettungspaket diskreditiert werden können, auch auf die Anhänger der Liberalen wie aus der Zeit gefallen. Noch schlimmer allerdings wäre es für Rösler, wenn er die Erwartungen, die er nun schürt, am Ende nicht erfüllen kann. Von zehn Milliarden Euro Entlastungen ist die Rede, und das womöglich schon Anfang 2012 und nicht erst im Wahljahr 2013. Mit einer rein symbolischen Entlastung ist es jetzt nicht mehr getan.

Noch vor der Sommerpause wollen die Koalitionäre konkret machen, was bisher im Grundsatz verabredet ist. Dann erst zeigt sich, ob Röslers Satz auf dem Parteitag in Rostock den Realitätstest bestanden hat: „Liebe Wählerinnen und Wähler, ab heute wird die FDP liefern“, versprach der FDP-Chef dort selbstbewusst.

Das letzte Wort über Röslers Prestigeprojekt sprechen ohnehin die Bundesländer. Im Bundesrat aber verfügt Schwarz-Gelb nicht mehr über die Mehrheit. Röslers Generalsekretär Christian Lindner machte sich am Mittwoch deshalb schon einmal daran, die SPD zu umwerben. „Ich lade sie zu einer konstruktiven Diskussion ein, wie eine Entlastung der Mitte möglich wird“, sagte er.

Zu der Diskussionsrunde kann Lindner gleich noch ein paar Christdemokraten dazuladen. Es dauerte am Mittwoch keinen halben Tag, bis die Ministerpräsidenten Peter Müller (Saarland), Christine Lieberknecht (Thüringen) und Reiner Haseloff (Sachsen-Anhalt) Steuersenkungen in dieser Wahlperiode eine klare Absage erteilten. Haseloff: „Für solche Steuergeschenke fehlt mir nicht nur das Verständnis, sondern es fehlt uns allen dazu der Spielraum.“ Angesichts des Widerstands in der Länderkammer wird in der FDP bereits darüber nachgedacht, wie der Bundesrat umgangen werden könnte. Wenn Veränderungen bei der Einkommensteuer dort nicht durchsetzbar seien, könne auch alternativ der Solidaritätszuschlag abgeschafft werden. Ein Vorschlag, der in der Union jedoch ebenfalls äußerst umstritten ist. Auch hier ist Widerstand programmiert. Thüringens Ministerpräsidentin Lieberknecht: „Das wird nicht kommen.“ Regierungssprecher Steffen Seibert versicherte am Mittwoch denn auch umgehend, die Abgabe leiste einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung des Bundes.

Und dann sind da noch die Folgekosten, welche die FDP womöglich im Gegenzug für eine Steuersenkung an den Koalitionspartner zu entrichten hätte. Etwa in der Innen- und Rechtspolitik. So warnt der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach die FDP davor, sich weiter den Forderungen nach einer Vorratsdatenspeicherung und Verlängerung der Anti-Terror-Gesetze zu verweigern. Sollte die FDP in diesen beiden Fragen keine Kompromissbereitschaft erkennen lassen, so Bosbach, „dann haben wir in der Koalition ein riesiges Problem“.

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