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Politik: Schwarz ist die Hoffnung

Die Grünen an Rhein und Ruhr machen ihrem Ärger über die SPD Luft – und fachen die Debatte über Koalitionen mit der CDU neu an

Von Matthias Meisner

Es ist ein Warnschuss in Richtung SPD. „Das fortdauernde Stimmungstief“ bei den Sozialdemokraten sei „beunruhigend“, sagt die grüne NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn. Gar zuweilen „etwas gelähmt“ komme ihr die SPD vor, berichtet die Politikerin der „Berliner Zeitung“. Und dann heizt Höhn eine Debatte an, die in ihrem Landesverband seit Monaten mal mehr, mal weniger laut geführt wird: die um schwarz-grüne Koalitionen.

Eine solche will Höhn langfristig nicht mehr ausschließen – auch wenn sich ein Grünen-Parteitag noch im Mai für die Landtagswahl 2005 in Nordrhein-Westfalen auf eine Koalitionsaussage zugunsten der SPD festgelegt hatte. Höhn aber verweist jetzt darauf, dass es in den Kommunen in NRW bereits mehr schwarz-grüne als rot-grüne Koalitionen gebe, und dass dies „gut funktionierende Bündnisse“ seien. Vieles werde unideologisch und rein sachlich gesehen. Und zur Landesebene sagt die zum linken Parteiflügel gehörende Politikerin: „Die Zeit wird zeigen, ob uns langfristig auch dort eine Annäherung gelingt.“

Mit dieser Einschätzung steht Höhn nicht allein. Bei den Grünen in NRW hat eine Debatte zur Frage begonnen, was mit der CDU im Land womöglich ebenso gut oder gar besser gemacht werden könnte als mit der SPD. Das sei „keine Flügelfrage“, heißt es. Und auch wenn mancher die Diskussion für „verfrüht“ hält, versteht fast jeder die Beweggründe für den Vorstoß der zum linken Parteiflügel gehörenden Landesumweltministerin. Hier schwingt vor allem Ärger über SPD-Ministerpräsident Peer Steinbrück mit, der das Regierungsbündnis in Düsseldorf jüngst aus Sicht vieler Grüner an den Rand der Existenz gebracht hat. Und es spielen Erfahrungen aus Köln mit, wo seit dem Frühjahr 2003 eine schwarz-grüne Koalition regiert. Viele Konflikte mit der CDU dort würden „halbwegs zivil gelöst“, berichten Parteifunktionäre – und klar wird, dass dies mit der SPD lange nicht so selbstverständlich erscheint.

Jörg Heinrich Penner, der Kreisvorsitzende der Kölner Grünen, erklärt sich das so: Die Grünen konkurrierten mit der CDU nicht um die gleichen Wählergruppen – von Erstwählern mal abgesehen. „Deshalb kann jeder Partner dem anderen auch den Erfolg gönnen – anders als bei der Kooperation mit der SPD.“ Dazu komme: „Für die alten SPD-Kader waren wir immer nur ein Irrtum der Geschichte, eigentlich abtrünnige potenzielle Sozialdemokraten.“

Die Grünen im Bund beobachten die Debatte im größten Bundesland gelassen. Zwar setzen die Grünen für 2006 auf Bundesebene auf die Fortsetzung der rot-grünen Koalition – und hoffen darauf, dass die SPD ihre Schwächephase überwindet. Anders aber sieht es bereits bei den Landtagswahlen in diesem Jahr aus. In Thüringen oder im Saarland etwa halten Funktionäre der Landesparteien auch Schwarz-Grün für denkbar – und im Fall des Falles werden sie aus Berlin kein Veto bekommen. Die Landesparteien führen diese Diskussion aber nicht offensiv, gilt es doch in beiden Bundesländern zunächst, den Wiedereinzug in den Landtag zu erkämpfen und die absoluten CDU-Mehrheiten zu brechen.

Hinter vorgehaltener Hand hat Parteichef Reinhard Bütikofer bereits klargemacht, dass bei den anstehenden Landtagswahlen das Motto „Alles ist möglich“ gilt. Aus seinem eigenen Landesverband Baden-Württemberg ist ihm die Diskussion bereits vertraut: Dort versuchten Funktionäre der Grünen erstmals Anfang der 90er Jahre, die Chancen für eine Koalition von Grünen und CDU auf Landesebene zu sondieren. Das Projekt scheiterte damals – mehr am Beharrungsvermögen der CDU als am Widerstand aus den Reihen der Grünen.

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