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Politik: Schwarzer und grüner Tee

Baden-Württembergs Regierungschef Oettinger schließt eine Koalition mit der Öko-Partei nicht aus / Die FDP zeigt sich verärgert

„Die Liberalen sind die erste Wahl“ – mit diesem Standardspruch schlängelt sich Baden-Württembergs alter und neuer Regierungschef Günther Oettinger derzeit durch sämtliche Sondierungsgespräche – gleich, ob der Christdemokrat gerade mit der FDP debattiert oder mit den Grünen, der drittstärksten Kraft im Südwesten. Lange vor der Wahl schon hatte sich die Okö-Truppe um den wertkonservativen Spitzenkandidaten Winfried Kretschmann als neuer Partner angedient.

Die Fraktion, seit Sonntag mit 17 Abgeordneten fast doppelt so groß wie bislang, gilt weitgehend dem Realo-Flügel zugehörig, ebenso die Partei ohnehin. Da lag zumindest ein Sondierungsgespräch am vergangenen Mittwoch nahe, auf neutralem Grund im Landtag, bei schwarzem und grünem Tee. Dabei verstand sich Oettinger so gut mit der grünen Partei- und Fraktionsspitze, dass er gleich noch einen zweiten Termin für den kommenden Montag vereinbarte. „Offen und ehrlich“ war das Gespräch, lobte Parteichef Andreas Braun, „keine Spur von Schattenboxen“, ergänzte Petra Selg, die Doppelspitzenpartnerin. Und Oettinger sagte dem Magazin „Focus“, er müsse prüfen, mit wem die Chance auf „richtungsweisende Veränderungen“ zur Stärkung des Landes größer sei. „Und das schließt eine Koalition mit den Grünen nicht aus.“ In der Tat gibt es Schnittmengen: bei der Haushaltssanierung, bei Studiengebühren, der Privatisierung und der Rückbesinnung des Staates auf seine Kernaufgaben. Gravierend Trennendes wie die Atompolitik hingegen – Oettinger verlangt längere Laufzeiten für Kernkraftwerke – wird ohnehin nicht in Stuttgart entschieden.

Die FDP zeigte sich verärgert über den schwarz-grünen Flirt. Das aus Paritätsgründen nachträglich anberaumte zweite Gespräch zwischen CDU und FDP wollten die Liberalen deshalb am liebsten platzen lassen. Doch Parteichefin Birgit Homburger und die beiden Minister Ulrich Goll (Justiz) und Ernst Pfister (Wirtschaft) besannen sich und hängten den Ärger tiefer. „Mal sehen, was die schwerere Geburt wird“, scherzte Goll am Freitag nach dem Sondierungstreffen und spielte dabei auf den erhofften Koalitionsvertrag wie auf die unmittelbar bevorstehende Geburt seines fünften Kindes an.

Die FDP ist für Oettinger zweifellos der pflegeleichtere Partner. Noch beharrt die Partei zwar auf einer Änderung des baden-württembergischen Wahlrechts, das die kleinen Parteien zugunsten der Union benachteiligt. Aber die 15-Mann-Fraktion ist sich selbst genug, während die Grünen nicht zuletzt durch den Einzug des Neoliberalen Oswald Metzger an Unberechenbarkeit gewonnen hat. Beobachter erwarten deshalb, dass nach Mitte kommender Woche die Koalitionsverhandlungen aufgenommen werden – mit der FDP.

Zwecklos war das Geplänkel mit den Grünen dennoch nicht. Das Sondierungsgespräch sollte aus CDU-Sicht den Liberalen die Grenzen aufzeigen. Der FDP-Generalsekretär Dirk Niebel kontert: „Es ist bemerkenswert, wie sich die Grünen instrumentalisieren lassen. Oettinger versucht, bei den Verhandlungen mit uns den Preis hochzutreiben.“

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