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Schweden: Zweiter Ministerrücktritt wegen Schwarz-Sehen

Innerhalb von nur drei Tagen ist ein zweites Mitglied der erst Anfang des Monats angetretenen Regierung in Schweden zurückgetreten. Auch die Kulturministerin hatte keine TV-Gebühren gezahlt.

Stockholm - Nach Berichten über nicht bezahlte Rundfunkgebühren gab am Montag auch Kulturministerin Cecilia Stegö Chilò ihren Rücktritt bekannt, wie die Regierung mitteilte. Eine Tageszeitung hatte berichtet, dass die auch für Medien zuständige Ministerin 16 Jahre lang ihre Gebühren nicht gezahlt habe. Auch hatte sie zugegeben, Haushaltshilfen schwarz beschäftigt zu haben. Erst am Samstag hatte der konservative Regierungschef Fredrik Reinfeldt den Rücktritt seiner Handelsministerin Maria Borelius bekannt geben müssen.

Stegö Chilò erklärte, sie habe "Verstöße begangen, die nicht hinnehmbar sind". Die Ministerin sieht sich mit einer Klage der Gebühreneinzugsbehörde Radiotjängst konfrontiert. Seit 1990 blieb sie demnach mindestens 15.000 Kronen (1620 Euro) schuldig. Die frühere Handelsministerin Borelius hatte vor ihrem Rücktritt zugegeben, Kindermädchen schwarz beschäftigt und ebenfalls ihre Rundfunkgebühren nicht bezahlt zu haben. Außerdem soll sie Aktien verkauft haben, ohne dies der Finanzaufsicht mitzuteilen.

Am Freitag hatten Medien zudem berichtet, sie habe für ihr Ferienhaus im Süden Schwedens keine Steuern bezahlt, da es über eine Gesellschaft mit Sitz in der Steueroase Jersey laufe. Nach Handelsministerin Borelius und Kulturministerin Stegö Chilò hatte auch Migrationsminister Tobias Billström zugegeben, die Rundfunkgebühren schuldig geblieben zu sein.

Die Stimmung im Land dreht sich gegen den Ministerpräsidenten

Die frisch ernannte Regierung der schwedischen Konservativen wurde damit gleich in den ersten Tagen von mehreren Skandalen erschüttert. Ursprünglich hatten Beobachter mit einem ruhigen Start bei sechs Monaten ohne wirkliche Opposition gerechnet, da die bei der Wahl unterlegenen Sozialdemokraten erst im März einen neuen Parteichef wählen. Die Stimmung im Land dreht sich nach den Affären inzwischen allerdings gegen Schwedens neuen Ministerpräsidenten Reinfeldt. Von ihm hatten die Schweden ursprünglich trotz seiner Unerfahrenheit einen frischen Wind in der Politik erwartet. Ein Kommentator von "Dagens Nyheter", der größten Tageszeitung des Landes, rechnet nun damit, dass die Affären auf lange Sicht Konsequenzen für Reinfeldt haben könnten.

Der Regierungschef ließ unterdessen über einen Sprecher bekannt geben, er habe den Rücktritt seiner Ministerin angenommen. Vorerst wollte er sich dazu allerdings nicht weiter äußern. Reinfeldt hatte erst vor rund zehn Tagen seine neue Regierung vorgestellt. Seine Mitte-rechts-Allianz hatte die Wahlen am 17. September mit 48,2 Prozent der Stimmen vor dem Links-Bündnis seines Vorgängers Göran Persson gewonnen, das auf 46 Prozent der Stimmen gekommen war. (tso/AFP)

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