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Politik: Schwere Kämpfe erschüttern Libanon

Zahlreiche Tote bei Gefechten zwischen militanten Palästinensern und libanesischer Armee in Tripoli

Berlin - In der nordlibanesischen Hafenstadt Tripoli sind am Sonntag schwere Kämpfe zwischen militanten Palästinensern und der libanesischen Armee ausgebrochen. Bei den bewaffneten Auseinandersetzungen, den schwersten seit Ende des libanesischen Bürgerkriegs im Jahr 1990, starben zahlreiche Menschen. Zur genauen Zahl der Opfer lagen wegen der anhaltenden Gefechte am Rande des palästinensischen Flüchtlingslagers Nahr al Bared im Norden der Stadt keine verlässlichen Angaben vor, Nachrichtenagenturen meldeten zum Teil mehr als 40 Tote. Das Militär teilte mit, 12 Soldaten seien getötet worden. Laut Ärzten aus dem Lager starben vier Milizionäre, mehrere Dutzend Menschen, darunter auch Kinder, seien verletzt worden

Die Kämpfe in Tripoli und dem Flüchtlingslager Nahr al Bared erinnern stark an die Kämpfe während des Bürgerkrieges von 1975 bis 1990. Die aktuellen bewaffneten Auseinandersetzungen sind ein Indikator für die derzeitige Instabilität des Libanon. Eine politische Krise, in der sich eine westlich orientierte Regierung und eine prosyrische Opposition gegenüberstehen, lähmt seit Monaten das Land. Die Gefechte zeigten auch, welche Schwierigkeiten die Regierung hat, ihren Einfluss im ganzen Land geltend zu machen.

Die Kämpfe begannen, nachdem Polizisten in Tripoli auf der Suche nach Bankräubern auch eine Wohnung in der zweitgrößten libanesischen Stadt gestürmt hatten, die einem Islamisten gehört. Kämpfer der Gruppe Fatah al Islam besetzten daraufhin Stellungen der Armee am Eingang zum Flüchtlingslager Nahr al Bared, dem mit 30 000 Bewohnern zweitgrößten Camp im Libanon. In den zwölf palästinensischen Flüchtlingslagern im Libanon leben knapp 400 000 Menschen. Sie machen etwa zehn Prozent der Bevölkerung aus. Die libanesische Armee ist normalerweise nicht in den Lagern präsent, sondern unterhält Kontrollpunkte an deren Rändern. Das Innere der Lager wird von lokalen Milizen kontrolliert.

Die in die Kämpfe in Tripoli verwickelte Gruppe Fatah al Islam ist eine Abspaltung der prosyrischen „Fatah-Aufstand“, die sich Anfang der 80er von der palästinensischen Befreiungsorganisation Fatah getrennt hatte. Die Ausrichtung der Fatah al Islam, deren Hauptquartier in Damaskus liegt, ist unklar. Einige Experten aus libanesischen Sicherheitskreisen sagen ihr Verbindungen zu Al Qaida nach, oder zumindest eine ähnliche Struktur und Doktrin. Andere halten sie für eine Frontorganisation des syrischen Militärgeheimdienstes, der das Land destabilisieren wolle.

Syrien wies die Behauptungen zurück und schloss am Sonntag die Grenzübergänge zum Norden des Libanon – aus Sicherheitsgründen, wie das syrische Innenministerium mitteilte. Die libanesische Armee entsandte zur Verstärkung eine Brigade mit einer Stärke von 800 bis 1000 Mann nach Tripoli. Die Anwohner begrüßten den Konvoi von etwa 100 Lkws, Jeeps und Rettungswagen mit „Es lebe die libanesische Armee“-Rufen.

Premier Fuad Siniora sprach von einer „Verschwörung“ unter dem Deckmantel des Islam. „Angriffe auf die libanesische Armee sind ein gefährlicher Versuch, die Sicherheit des Landes zu gefährden“, sagte er. Ein Sprecher von Fatah al Islam erklärte dagegen: „Wir verteidigen uns und unsere sunnitischen Brüder, die in Tripoli leben, weil sie von der libanesischen Armee angegriffen wurden.“

Libanesische Sicherheitskräfte teilten am Abend mit, bei den Kämpfen in Nahr al Bared sei auch der Bruder eines der mutmaßlichen „Kofferbomber“ von Köln, Saddam al-Hajdib, getötet worden. Sein Bruder Youssef wartet in Deutschland im Gefängnis auf seinen Prozess.

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