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Politik: Schwierige Gratwanderung: Heinrich-Böll-Stiftung will in Peking bald ein Büro eröffnen

Früher war auch bei den Grünen die China-Politik noch einfach. Eine "servile Haltung" gegenüber Pekings Menschenrechtsverletzern warf Joschka Fischer 1996 seinem Vorgänger Klaus Kinkel vor.

Früher war auch bei den Grünen die China-Politik noch einfach. Eine "servile Haltung" gegenüber Pekings Menschenrechtsverletzern warf Joschka Fischer 1996 seinem Vorgänger Klaus Kinkel vor. Heute ist Fischer selbst Außenminister. Und bei den Grünen hat eine vorsichtige Annäherung an Pekings KP-Führung begonnen.

Vorreiter ist die parteinahe Heinrich-Böll-Stiftung, die am Dienstag ankündigte, dass man "mittelfristig" ein Büro in Peking machen wollte. Zehn Tage waren die Stiftungsvorstände Claudia Neusüß und Ralf Fücks auf Einladung der chinesischen Regierung in Shanghai und Peking unterwegs. Die grünen Vordenker zeigten sich nicht nur "stark beeindruckt" über den Wachstumsboom und den gesellschaftlichen Umbruch. Sondern auch ungewohnt diplomatisch bei heiklen Themen wie Menschenrechte und Tibet.

Man habe die "unterschiedlichen Standpunkte in der Menschenrechtsfrage deutlich angesprochen", sagte Fücks. Statt Konfrontation suchte man jedoch Dialog. "Erstaunliche Offenheit" stellten die Stiftungs-Grünen bei ihren Gesprächen mit Regierungsvertretern über Umweltfragen fest. Das Ergebnis: Die Zusammenarbeit bei der Stadtplanung und in der Frauenpolitik soll ausgebaut werden. "Lieber morgen als übermorgen", so Fücks, wolle man sich mit einem festen Büro in Peking niederlassen.

Das dies nicht einfach wird, zeigen die Erfahrungen der Friedrich Stiftung. Die FDP-Stiftung musste 1996 ihre Peking-Niederlassung schließen, weil sie sich an einer Tibet-Konferenz in Bonn beteiligt hatte. Auch für die Grünen-Stiftung würde ein Büro in Peking zwangsläufig eine Neuorientierung in der Chinapolitik nach sich ziehen. Offizielle Kontakte zu Regimekritikern wie zum Beispiel dem Dalai Lama und dem Exildissidenten Wei Jingsheng würde Peking wohl nicht dulden. Gewinnen wollen die Grünen dafür das "Gespräch mit verschiedenen Kräften" des Landes und die Möglichkeit, bei den Umbrüchen in China lenkend mitzuwirken. Für einen solchen Dialog setzt sich seit längerem auch die Altgrüne Antje Vollmer ein. Eine "schwierige Gratwanderung" prophezeit Fücks. Wie es Außenminister Fischer halten will, muss er sich spätestens bis zu seinem Peking-Besuch im Dezember überlegen.

Harald Maass

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