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Durban: Schwierige Verhandlungen auf dem Weltklimagipfel

In Durban wollen Politiker und Experten neue Klimaziele entwickeln. Was ist von dem Treffen zu erwarten?

Die Zeit drängt. Doch politisch ist die Lage verfahren. Deshalb sind die Erwartungen an den 17. Weltklimagipfel, der an diesem Montag im südafrikanischen Durban beginnt, nicht besonders hoch. Doch ganz ohne Ergebnis will Connie Hedegaard, die EU-Klimakommissarin, nicht nach Hause fahren.

Welche Ergebnisse will die EU erzielen?
Der aus Hedegaards Sicht „bestmögliche Ausgang“ des Gipfels bestünde aus einem Dreischritt: ein ernst gemeinter Zeitplan, um bis etwa 2015 einen umfassenden Klimavertrag zu erreichen, an dem alle wichtigen Emittenten – vor allem die USA und China – beteiligt sind. Auf dieser Basis wäre Europa bereit, den neuen Grünen Klimafonds arbeitsfähig zu machen; und beispielsweise die Regulierung der Emissionen aus dem Flug- und Schiffsverkehr einzubeziehen. „Was wir uns erhoffen und was wir erreichen, wird womöglich nicht das Gleiche sein“, sagte sie in Berlin. Allerdings gebe es weltweit viel Unterstützung für diesen Vorschlag.

Zu welchen Verpflichtungen sind die Teilnehmer bereit?
Hedegaard bestätigte, dass die Europäische Union bereit sei, in einer zweiten Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls, weitere Emissionsminderungen zu garantieren. Die erste Periode endet 2012. Allerdings gehe es dabei nur noch um 15 Prozent der Weltemissionen, weil Japan, Kanada und Russland bereits angekündigt haben, sich darauf nicht einzulassen. Die USA hatten das Kyoto-Protokoll ohnehin nie anerkannt. Europa sei zu einer zweiten Kyoto-Verpflichtungsperiode bereit, wenn ein Zeitplan oder ein Mandat für einen umfassenden Vertrag zu erwarten sei, sagte Hedegaard. Vor allem Entwicklungsländer sehen eine zweite Verpflichtungsperiode als „unverhandelbar“ an, schließlich gehe es um die Rettung des einzigen verbindlichen Klimavertrags. Doch Hedegaard schätzt den Schaden, wenn eine zweite Periode scheitert, kaum größer ein, als wenn sie mit 15 Prozent der Emissionen abgeschlossen wird.

Dieser Argumentation kann John Ashton, der wichtigste Klimaberater der britischen Regierung, wenig abgewinnen. „Immerhin war das Kyoto-Protokoll einer der größten außenpolitischen Erfolge der EU“, sagt er. Ohne eine zweite Verpflichtungsperiode sei es „nur noch eine leere Hülle“. Ashton ist überzeugt, „dass die EU die Preisgabe des Kyoto-Protokolls schnell bedauern würde“. Jennifer Morgan, Klimaexpertin des World Resource Institut in Washington, fände es „tragisch“, wenn eine zweite Verpflichtungsperiode scheitern würde. Das Kyoto-Protokoll stehe für verbindliche Klimaregeln. Es „aufzugeben“ wäre ein Signal an die unverbindliche Welt des amerikanischen „Anbieten und Überprüfen“, das seit dem gescheiterten Klimagipfel in Kopenhagen praktiziert wird. Mit dem Ergebnis, dass die Ambition dieses freiwilligen Bieterverfahrens die Welt im besten Fall in eine Zukunft führt, die im Schnitt um 3,5 Grad wärmer sein würde als zu Beginn der Industrialisierung, wie es das UN-Umweltprogramm (Unep) gerade in einer aktualisierten Studie vorgerechnet hat. Die als Ziel beschlossenen zwei Grad würden jedenfalls nicht erreicht.

Lesen Sie auf Seite zwei, wie ernst die Lage ist und was helfen könnte.

Wie ernst ist die Lage?

Wie wenig Zeit zum Handeln bleibt, zeigt das Klimakapitel des aktuellen OECD-Umweltausblicks. Steuern, Regulierung gar sind für die Organisation für Wirtschaft und Entwicklung (OECD), den in Paris residierenden Club der Industriestaaten, bis vor zehn Jahren reines Teufelswerk gewesen. Doch nun verlangt die Organisation mit Nachdruck die Einführung von Kohlendioxid-Steuern oder zumindest Emissionshandelssystemen, „um Kohlenstoff mit einem spürbaren Preis“ zu versehen. Und weil der Ausblick schwärzer kaum hätte ausfallen können, verlangt die OECD sogar „gut abgestimmte Regulierungen“, um den Umbau in eine kohlenstoffarme Wirtschaft rechtzeitig zu schaffen. Die Fakten, die die OECD zusammengetragen hat, sind schwer zu ignorieren: Selbst in einer der schwersten Weltwirtschaftskrisen sind die Treibhausgasemissionen 2010 auf einen neuen Höchststand gestiegen. Bleibt es beim derzeitigen Trend, steuert die Welt auf eine Erwärmung zu, die am Ende des Jahrhunderts bei sechs Grad im Vergleich zum Beginn der Industrialisierung liegen könnte – das ist ein reines Katastrophenszenario.

Was die OECD am meisten alarmiert, ist der rasante Aufbau einer kohlenstoffintensiven Infrastruktur. Mit anderen Worten: Es werden zu viele neue Kohlekraftwerke gebaut. Die Treibhausgasemissionen aus der weltweiten Energiewirtschaft im Jahr 2020 seien bereits heute zu 80 Prozent festgelegt, heißt es in dem Bericht, weil entsprechende Kraftwerke erst kurz am Netz oder derzeit im Bau sind. Die OECD verlangt, den Höhepunkt der Treibhausgasemissionen weltweit vor 2020 zu erreichen und jetzt sofort in Energieeffizienz und den Ausbau erneuerbarer Energien zu investieren. Dies sei bedeutend preiswerter als es später zu tun.

Was könnte helfen?

Michael Greenstone vom Massachusetts Institute of Technology (MIT), der den amerikanischen Präsidenten Barack Obama in Klimafragen beraten hat, ist nicht überzeugt, dass erneuerbare Energien oder auch Effizienzinvestitionen „preiswerte Politikstrategien“ auf dem Weg zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft sind. Er untersucht deshalb, ob eine Senkung des Treibhausgasausstoßes im Verkehr eher mit Schadstoffgrenzwerten oder mit einer höheren Mineralölsteuer zu erreichen sind. Er hält die Steuer für das „effizientere Instrument“. Die USA jedenfalls seien nicht bereit dazu, in „unsichere“ Politikstrategien zu investieren, sagt er.

Das weiß auch der Unep-Generalsekretär Achim Steiner. Deshalb hat er wenige Tage vor dem Gipfel einen Report vorgelegt, der die Potenziale einer Bekämpfung von schnelllebigen Klimatreibern wie etwa Ruß oder Methan für den Klimaschutz beschreibt. Bis zu einem halben Grad könnte die Erwärmung bis Mitte des Jahrhunderts aufgehalten werden, heißt es in dem Report. Effiziente Kochherde in Entwicklungsländern könnten den Ruß bekämpfen, der sich auf den Himalaya-Gletschern ablagert und dort die Gletscherschmelze noch weiter antreibt. Sie hätten auch einen hohen gesundheitlichen und entwicklungspolitischen Nutzen. Methan müsste aus der Ölproduktion eingefangen werden oder aus Kohlegruben entfernt werden und zudem aus alten Mülldeponien extrahiert werden, „dann könnte es als umweltfreundliche Energiequelle dienen“ und würde nicht in die Atmosphäre aufsteigen.

Der Chefökonom des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung, Ottmar Edenhofer, hält diese Strategie zwar nicht für schädlich aber auch nicht für überzeugend. Er plädiert dafür, wie es mehrere Gipfel der 20 mächtigsten Industriestaaten (G20) bereits beschlossen haben, endlich die Subventionen für fossile Energien abzubauen. Würde dieses Geld, in OECD-Staaten sind es rund 75 Milliarden Dollar im Jahr, in Entwicklungsländern sogar 410 Milliarden, in den Umbau der Wirtschaft investiert, lasse sich damit einiges an Klimaentlastung erreichen. Das gelte auch für den Grünen Klimafonds. „Die Zeit läuft uns davon“, sagt Edenhofer. Und das für eine Aufgabe, die die Chefin des UN-Klimasekretariats Christiana Figueres im südafrikanischen „Mail & Guardian“ als „die größte Industrie- und Energierevolution aller Zeiten“ beschreibt.

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