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In Trümmern: Bei der Detonation starben mehr als 20 Menschen. Die Straßen und viele Häuser im südlichen Teil Beiruts wurden komplett verwüstet.

© AFP

Selbstmordanschlag in Beirut: Am Rande des Krieges

Mindestens 24 Menschen starben am Dienstag bei einem Selbstmordanschlag vor Irans Botschaft in Beirut. Die Abdullah-Assam-Brigaden, die dem Terrornetzwerk Al Qaida nahe stehen, bekannten sich zur Tat - die nur allzu deutlich zeigt, wie der Syrienkonflikt auf die Nachbarn ausstrahlt.

Innerhalb von drei Minuten gingen vor der iranischen Botschaft in Beirut zwei Sprengsätze hoch. Es handelte sich um einen Doppelanschlag, zu dem sich am Dienstagmittag eine Al Qaida nahestehende Extremistengruppe bekannte. Nach Angaben der Behörden wurden dabei mindestens 24 Menschen getötet und fast 150 weitere verletzt. Wahrscheinlich sei die iranische Botschaft das Ziel des Anschlags gewesen, sagte ein Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden.

Die libanesische Armee sprach von einem Selbstmordanschlag. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und die USA verurteilten den Anschlag scharf und sprachen von einer „abscheulichen“ Tat.

Durch die Wucht der Detonation wurden der Wachposten vor der Botschaft und mehrere Häuser in der Umgebung beschädigt. Auf der Straße lagen Trümmer, Glasscherben und ausgebrannte Autos. Unter den Toten waren iranischen Medienberichten zufolge auch drei iranische Wachmänner. Zunächst hieß es in Teheran zudem, der iranische Kulturattaché sei getötet worden. Eine Sprecherin des Außenministeriums in Teheran wies dies später jedoch zurück. Der Diplomat Ibrahim Ansari sei zwar schwer verletzt, aber noch am Leben, sagte sie im Staatsfernsehen. Botschafter Ghasanfar Rokn Abadi bestätigte ihre Angaben.

Im Süden Beiruts, wo sich die Botschaft befindet, hatte es zuletzt mehrere Anschläge gegeben. Im Juli und August wurden insgesamt 27 Menschen getötet. Danach starben 42 Menschen durch Anschläge auf zwei sunnitische Moscheen in Tripoli. Das Viertel in Beirut gilt als Hochburg der schiitischen Hisbollah-Bewegung. Die Hisbollah, die über eine hochgerüstete Miliz verfügt, unterstützt Syriens Präsidenten Baschar al Assad im Bürgerkrieg gegen die Rebellen.

Die Erinnerung an den Bürgerkrieg sitzt noch tief

Hinter dem Angriff am Dienstag steckten die Abdullah-Assam-Brigaden, teilte der zu der Gruppe gehörende Geistliche Scheich Siradscheddine Suraikat über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. Die Brigaden drohten demnach mit weiteren Angriffen im Libanon, bis sich der Iran aus dem Bürgerkriegsland Syrien zurückziehe. Sie forderten zudem die Freilassung von im Libanon inhaftierten Mitstreitern. Bereits vor dem Bekenntnis der Extremistengruppe gingen Beobachter von einem Zusammenhang mit dem Bürgerkrieg im benachbarten Syrien aus. Tatsächlich spaltet der Krieg in Syrien auch den Libanon. Ein Teil der Bevölkerung unterstützt wie die Hisbollah die syrische Führung, andere Libanesen stehen hinter den Rebellen. Das bleibt für die Situation im Land nicht ohne Folgen.

Nur die Erinnerung an die Schrecken des eigenen Bürgerkrieges, der in den Jahren 1975 bis 1990 hunderttausende Libanesen zur Flucht gezwungen hatte, verhinderte bisher, dass auch im Libanon wieder Milizen aufeinander schießen. Nachdem sich die sunnitische Terrorgruppe zu dem Anschlag bekannt hatte, bemühten sich sunnitische Politiker, eine weitere Eskalation der Spannungen zwischen ihrer Religionsgruppe und der mit den Iranern verbündeten schiitischen Hisbollah zu verhindern.

„Geduld und die Zähne zusammenbeißen“, empfiehlt der designierte Regierungschef Tammam Salam. Der ehemalige Ministerpräsident Saad al Hariri sagte: „Der Terrorakt muss uns erneut dazu motivieren, den Libanon vor den Feuern, die in seiner Nachbarschaft brennen, in Sicherheit zu bringen.“ Das Außenministerium in Teheran beschuldigte nach dem Terroranschlag Israel. Die Außenamtssprecherin erklärte, der Anschlag sei „von Zionisten und ihren Söldnern“ verübt worden.

Ein Vertrauter von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu wies die Anschuldigungen umgehend zurück. Israel habe mit den Anschlägen „nichts zu tun“, sagte der Abgeordnete Zahi Hanegbi. Syrien verurteilte den Anschlag. Ohne Länder wie Saudi-Arabien und Katar namentlich zu erwähnen, machte das syrische Staatsfernsehen die Golfstaaten, die im syrischen Bürgerkrieg die Rebellen unterstützen, für den Anschlag verantwortlich. Allen Anschlägen, die in Syrien, im Libanon und im Irak verübt würden, hafte der „Geruch der Petrodollar“ an. Der frühere libanesische Regierungschef Saad Hariri, der ein gegen die Hisbollah gerichtetes Bündnis anführt, warnte vor einem Übergreifen des Syrienkonflikts auf den Libanon. Die Libanesen müssten vor den Folgen der Beteiligung der Hisbollah an der „syrischen Tragödie“ geschützt werden. (mit dpa/AFP)

Patricia Khoder

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