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Politik: Senatswahl in Tschechien: Zwei gegen alle

Es ist still geworden um Tschechien. Der Grund liegt allerdings nicht etwa darin, dass es keine nennenswerten Probleme gibt, sondern in einem politischen Stillstand.

Es ist still geworden um Tschechien. Der Grund liegt allerdings nicht etwa darin, dass es keine nennenswerten Probleme gibt, sondern in einem politischen Stillstand. Er ist Folge eines kuriosen Bündnisses, das die zwei größten Parteien nach den Parlamentswahlen von 1998 eingegangen waren: Die Sozialdemokraten (CSSD) unter Milos Zeman durften damals eine Minderheitsregierung bilden, die von den Bürgerlichen Demokraten (ODS) unter Vaclav Klaus geduldet wird. Doch der Preis für das Land ist hoch. Wichtige politische Entscheidungen werden blockiert oder verschleppt. Nur in einem sind sich die Lager von Zeman und Klaus einig: in dem beständigen Aufbau eines Machtkartells. Am Sonntag stehen aber Senats- und Kreis-Wahlen in Tschechien an. Sie könnten ein wenig Sand in das Getriebe dieser zweiachsigen Machtmaschine streuen.

Alle zwei Jahre werden ein Drittel des Senats und die Volksvertretungen der erst in diesem Jahr geschaffenen 13 Kreise, den größten Verwaltungseinheiten der Republik neu gewählt. Während bei den Wahlen zu den Kreisvertretungen damit gerechnet wird, dass ODS und Sozialdemokraten die Plätze eins und zwei belegen werden, dürftensich vor dem Ergebnis der Senatswahl Zeman wie Klaus fürchten. Schon wieder könnte ein unabhängiger Außenseiter in der zweiten Parlamentskammer die verfassungsändernde Mehrheit für die Sozialdemokraten und die Bürgerlichen Demokraten und damit die weitgehenden Pläne ihrer Führer für Verfassungsänderungen verhindern. Beide Parteichefs wollen damit die wirkliche Opposition in die Bedeutungslosigkeit verbannen. Vor einem Jahr war es (bei einer Nachwahl) der auch in Deutschland erfolgreiche Reiseunternehmer Vaclav Fischer, der den Sprung in den Senat auf Anhieb schaffte und seit dem der Machtgier der beiden Parteibosse im Wege steht. Diesmal könnte diese Rolle Outrata übernehmen. Der Sohn eines renommierten Politikers der Vorkriegszeit hatte sich im Exil in den 70er und 80er Jahren einen internationalen Ruf als Statistik-Experte der kanadischen Regierung erworben. Nach seiner Rückkehr 1993 baute er in Prag das neue Statistische Amt der neuen Republik auf. Outrata gilt als kompetent und unbestechlich.

Die ständig wachsende Gemeinde der Kritiker der "heimlichen Regierungskoalition" aus Sozialdemokraten und Bürgerlichen Demokraten hofft unterdessen, dass der zum Teil neu gewählte Senat das Streben der CSSD und ODS nach einer weiteren Festigung ihrer Macht künftig wenigstens abbremsen wird. Sonst sehe es in Tschechien schlecht aus für die demokratische Vielfalt, warnen viele Kommentatoren.

Klaus und Zeman wollen nämlich das bisherige, in der tschechischen Verfassung verankerte Verhältniswahlrecht zugunsten eines schleichend eingeführten Mehrheitssystems aushebeln und damit kleinere Parteien und unabhängige Kandidaten ausschalten. Darüber hinaus sollen die Kompetenzen des Staatspräsidenten weiter beschnitten werden, womit das Duo Klaus-Zeman ganz offensichtlich auch eine Rechnung mit ihrem gewichtigsten Opponenten und Kritiker - Vaclav Havel - begleichen möchten. Nicht von ungefähr wies Havel im Frühsommer eine Wahlgesetznovelle der Regierung zurück und rief das Verfassungsgericht gegen das Vorhaben an.

Alexander Loesch

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