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Politik: Sensible Senioren

Die Union möchte Streit über die Rentenfinanzierung vor der Wahl vermeiden

Berlin - Nach seinem Vorstoß für eine Rentenreform im Falle eines Regierungswechsels geht der CDU-Sozialexperte Andreas Storm erst einmal auf Tauchstation. Am 11. Juli würden CDU und CSU ihr Wahlprogramm vorstellen – inklusive den Vorstellungen zur Rente, sagte Storm In der „Neuen Presse“ aus Hannover hatte er zuvor gefordert, den Rentenanstieg in Zukunft stärker zu bremsen. Konkret brachte er eine Neujustierung der Rentenformel ins Gespräch.

Wie sensibel Senioren auf das Thema Rente reagieren, ist vielen in der Union bewusst. Schließlich geht es um 20 Millionen Wählerstimmen. Den Wahlsieg in Nordrhein-Westfalen hat Jürgen Rüttgers auch den Rentnern zu verdanken. Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel versicherte daher Anfang der Woche nach einer Präsidiumssitzung, bei der Debatte über soziale Einschnitte gehe es nicht um Einsparungen bei der Rente. „Wir wollen die älteren Menschen doch nicht in Unruhe versetzen.“

Der Chef des Sozialverbands VdK, Walter Hirrlinger, lehnte Verschärfungen bei der Rentenformel strikt ab. „Die 20 Millionen Rentner werden das nicht hinnehmen. Die Kaufkraft der Rentner darf nicht immer weiter beschnitten werden.“ Der bayerische VdK-Vorsitzende und frühere Unions-Sozialexperte Horst Seehofer (CSU) ergänzte, Veränderungen an der Rentenformel, die zu Einsparungen in der gesetzlichen Rentenversicherung führen, seien automatisch Rentenkürzungen. „Hände weg von den Renten“, mahnte Seehofer deshalb.

Storm hatte eine Überarbeitung des Nachhaltigkeitsfaktors ins Gespräch gebracht, der das Verhältnis zwischen Rentnern und Beitragszahlern erfasst und damit die Rentenanpassung beeinflusst. Dieser war mit der letzten Rentenreform eingeführt worden, um die demografische Entwicklung abzufedern. Der Vorsitzende des Sozialbeirats, Bert Rürup, hält grundsätzliche Änderungen an der Rentenformel oder am Nachhaltigkeitsfaktor nicht für notwendig. „Wenn das Rentenniveau langfristig stärker sinkt als derzeit vorgesehen, nämlich von derzeit gut 52 auf 43 Prozent im Jahr 2030, droht die gesetzliche Rente ihre Legitimation zu verlieren“, sagte Rürup.

Der Rentenexperte sprach sich aber dafür aus, in Zukunft die Renten weniger stark anzuheben, wenn Wirtschaft und Löhne wieder stärker wachsen. Im Jahr 2004 hätten die Altersbezüge eigentlich um gut 1,2 Prozent gesenkt werden müssen, da die Löhne im Vorjahr faktisch nicht gestiegen sind. Eine solche Kürzung ist aber aufgrund einer Sicherungsklausel ausgeschlossen, für die Senioren gab es daher eine Nullrunde. „Den Rentnern ist aktuell keine Rentenkürzung zuzumuten, wohl aber bei wieder steigenden Löhnen eine stärkere Dämpfung der Rentenanpassung“, sagte er.

Kurzfristig kann die angespannte Finanzlage der Rentenkassen laut Rürup nur durch eine Belebung des Arbeitsmarktes verbessert werden. „Wer weder die Renten kürzen will, noch die Rentenbeiträge erhöhen, noch den Bundeszuschuss aufstocken, muss auf eine Belebung des Arbeitsmarktes setzen“, sagte Rürup. Nach Plänen der Bundesregierung sollen außerdem Unternehmen ab 2006 die Sozialbeiträge früher an die Sozialversicherungen überweisen. „Dadurch kann 2006 sicher und möglicherweise auch 2007 der Beitragssatz konstant gehalten werden“, sagt Rürup.

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