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Politik: Serbien: Milosevics letztes Gefecht

Das Idol von einst kann nur noch einen kleinen Haufen fanatischer Anhänger mobilisieren. Am Wochenende, als die jugoslawischen Minister per Dekret den Weg für die Auslieferung von Slobodan Milosevic frei machten, riefen wenige Dutzend Demonstranten wütend den Namen von Serbiens prominentestem Häftling.

Das Idol von einst kann nur noch einen kleinen Haufen fanatischer Anhänger mobilisieren. Am Wochenende, als die jugoslawischen Minister per Dekret den Weg für die Auslieferung von Slobodan Milosevic frei machten, riefen wenige Dutzend Demonstranten wütend den Namen von Serbiens prominentestem Häftling. Die Führung der Sozialistischen Partei, letzte Bastion des gestürzten Autokraten, hat zwar für den Fall einer Auslieferung ihres inhaftierten Parteichefs Kundgebungen im ganzen Land angedroht. Doch so richtig glaubwürdig ist die Drohung nicht.

Natürlich ganz inoffiziell wünschen manche in der schwer demoralisierten Partei den inhaftierten Vorsitzenden möglichst weit weg. Dass sich mit einem Slobodan Milosevic an der Spitze keine Wahl mehr gewinnen lässt, hat sich selbst im Führungskreis der Sozialisten herumgesprochen. Einige geben auch ganz unverhohlen der Hoffnung Ausdruck, der gestürzte Präsident möge in seiner Zelle im Belgrader Zentralgefängnis dem eigenen Leben ein Ende setzen. Denn ein Milosevic, der in Den Haag auspackt, könnte auch zu Hause noch einige treue Parteigänger mit ins Verderben reißen.

Mit Einsprachen und Appellen wird Milosevic die Auslieferung noch einige Tage verzögern können. Die Anwälte von Milosevic haben am Montag vorsorglich gegen das Regierungsdekret Einspruch erhoben, in dem die Kooperation mit Den Haag festgeschrieben wurde. Das Dekret verstoße gegen die Verfassung, die eine Auslieferung von jugoslawischen Staatsbürgern untersage, begründete der Verteidiger Veselin Cerovic gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur Tanjug den Schritt. Das Gericht könnte den Einspruch in einem Eilverfahren behandeln, heißt es in Belgrad. Die Regierung vertritt die Auffassung, dass die Überstellung an das UN-Tribunal nicht mit der Auslieferung an einen ausländischen Staat zu vergleichen sei. Die Bundesrepublik Jugoslawien ist als Mitglied der Uno zur Kooperation mit dem Haager Gericht verpflichtet.

Am Montag leitete die serbische Regierung erste Schritte zur Auslieferung Milosevics an das UN-Kriegsverbrechertribunal ein. Justizminister Momcilo Grubac habe beim Belgrader Bezirksgericht den Antrag auf Überstellung des Ex-Präsidenten nach Den Haag gestellt, hieß es in einer von der Nachrichtenagentur Tanjug verbreiteten Regierungserklärung.

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