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Karadzic

© dpa

Serbien: Nationalistische Proteste in Belgrad

Kurz vor der geplanten Auslieferung des Serbenführers Karadzic gingen in Belgrad extreme Nationalisten auf die Straße - allerdings viel weniger, als von den Organisatoren angekündigt. Trotzdem kam es zu schweren Ausschreitungen und Verletzten.

Am Abend versammelten sich mehrere Tausend Karadzic-Anhänger in Belgrad zu einem "gesamtserbischen Protest" gegen seine Festnahme und bevorstehende Überstellung an das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag. Am Rande der Kundgebung kam es zu schweren Ausschreitungen. Einige Hundert meistens jugendliche Karadzic-Anhänger lieferten sich Straßenschlachten mit der Bereitschaftspolizei in der Innenstadt. Laut örtlichen Fernsehberichten wurden mehr als 20 Menschen verletzt.

Die Randalierer bewarfen die Polizisten mit Steinen, Metallröhren und großen Feuerwerkskörpern. Die Polizei setzte Tränengas und Gummigeschosse gegen die Demonstranten ein. In der Unfallklinik wurden mehr als 20 Verletzte, davon neun Polizisten, versorgt, berichtete das öffentlich-rechtliche Fernsehen RTS. Die Demonstranten zerschlugen zahlreiche Schaufenster und errichteten Barrikaden.

"Danke, dass ihr in so großer Zahl gekommen seid um zu zeigen, dass Serbien nicht tot ist", hatte Alexander Vucic, führendes Mitglied der ultranationalistischen Serbischen Radikalen Partei (SRS), vorher der Menge zugerufen. Die Demonstranten forderten Karadzics Freilassung und beschimpften den pro-westlichen Präsidenten Boris Tadic in Sprechchören als "Verräter".
  
"Wir töten euch alle"

Auf dem Platz der Republik im Zentrum der serbischen Hauptstadt hatten sich mehr als hundert offenbar gewaltbereite Jugendliche versammelt. Sie trugen ein riesiges Transparent mit Karadzics Konterfei und Spruchbänder mit Aufschriften wie "Wir töten euch alle" sowie "Boris Tadic, Serbien bereitet deine Beerdigung vor, du bist am Ende". An der von der SRS organisierten Kundgebung nahmen auch zahlreiche Fußballfans teil. Diese gelten in Serbien als besonders aggressiv. In Erwartung möglicher Ausschreitungen waren schon vorher Polizeieinheiten vor Regierungs- und Botschaftsgebäuden postiert worden.

Die Auslieferung des früheren bosnischen Serbenführers Radovan Karadzic an das UN-Kriegsverbrechertribunal hatte sich am Dienstag weiter verzögert. Die juristischen Voraussetzungen für eine Überstellung seien nicht erfüllt, sagte Karadzic' Anwalt Goran Petronijevic in Belgrad.

Das zuständige Gericht habe nicht über eine Beschwerde gegen die Auslieferung entschieden, so der Anwalt. Die Frist für den Einspruch gegen die Überstellung war bereits am vergangenen Freitag abgelaufen. Bis Dienstschluss am Dienstag war aber kein solcher Antrag beim Belgrader Gericht eingetroffen.

Deswegen blieb unklar, wann Karadzic an den UN-Gerichtshof überstellt werden könnte. Nach unbestätigten Berichten sollte dies aber bis zum kommenden Wochenende erfolgen. Der 63-Jährige war am 21. Juli nach 12 Jahren Flucht verhaftet worden. Er ist wegen Völkermordes und Kriegsverbrechen im Bosnien-Krieg 1992-1995 angeklagt. (mpr/dpa/AFP)

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