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Politik: Serbien pocht auf Visafreiheit

Premier: Problem sind Roma und Albaner.

Zagreb - In den Innenministerien der Balkanstaaten herrscht Panik. Denn sechs EUStaaten (Deutschland, Frankreich, Belgien, Luxemburg, Schweden, Niederlande) drohen damit, die Visafreiheit wieder aufzuheben, nachdem die Anzahl der Asylbewerber in den vergangenen Wochen massiv gestiegen war. Um dies zu verhindern, arbeiten einige Balkanstaaten mit den EU-Behörden eng zusammen: Am Donnerstag zum Beispiel wurden 51 Albaner mit dem Flugzeug nach Tirana zurücktransportiert. Es war eine gemeinsame Aktion der belgischen und albanischen Behörden. Die Albaner hatten zuvor in Belgien um Asyl gebeten. Am Donnerstag stand das Thema auch beim EU-Innenministergipfel auf der Tagesordnung.

Die sechs EU-Staaten, allen voran Deutschland, forcieren die Einführung einer Schutzklausel im Schengenvertrag, die bereits 2009 geplant wurde. Die Visafreiheit soll demnach aufgehoben werden können, falls es zu einem dramatischen Anstieg der Asylgesuche kommt. Aber der Gesetzestext hängt seit Monaten zwischen Rat und Parlament fest.

In Deutschland beantragten im September 1395 Menschen aus Serbien und 1040 aus Mazedonien Asyl – mehr als doppelt so viele wie im Vormonat. Insgesamt haben im Jahr 2012 in den ersten acht Monaten 14 225 Menschen aus den Balkanstaaten in der EU um Asyl gebeten. Das bedeutet einen Anstieg von 62 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Obwohl die Balkanstaaten die ethnische Herkunft der Asylbewerber nicht erheben dürfen, wird angenommen, dass die meisten von ihnen Roma sind, die im Winter vor Armut und Kälte Schutz suchen. Die EU-Kommission fordert die Balkanstaaten auf, die Lebensbedingungen der Roma zu verbessern.

Der serbische Premierminister Ivica Dacic wies auf das Dilemma hin, in dem die Balkanländer steckten: „Es ist nicht in Ordnung, wenn alle Bürger den Preis bezahlen. Es geht vor allem um Roma und Albaner. Wir haben die EU gebeten, die Namen der Asylsuchenden zu schicken, aber das ist eine Verletzung der Menschenrechte. Wenn wir Roma und Albaner aus den Bussen werfen würden, wäre das der EU auch nicht recht.“ Dacic hatte bereits angekündigt, die Kosten für die Asylverfahren in der EU zu übernehmen, damit die Schengen-Visafreiheit erhalten bliebe. Die Reisefreiheit sei bisher die einzige konkrete Maßnahme, welche die EU den serbischen Bürgern zugestanden hätte. Dacic warnte davor, diese einzuschränken. Dies würde die Beziehungen zwischen der EU und Serbien erheblich beeinflussen.Adelheid Wölfl

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