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Sicherheitskonferenz: Neue Köpfe - alter Protest

Zum 45. Mal beraten in München weltweit führende Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft die globale Sicherheitslage. Auch wenn dieses Jahr zwei Reizfiguren wegfallen - tausende Gegendemonstranten werden wieder erwartet.

Scheinbar bleibt alles gleich bei der diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz der Nato. Seit 2002 herrscht jedes Jahr ein ähnliches Bild: Weltweit führende Personen aus Wirtschaft und Politik werden eingeladen, sich im Hotel Bayrischer Hof über die globale Sicherheitslage zu unterhalten. Dazu ist das Areal um das Hotel weiträumig abgeriegelt. Rund 5000 Demonstranten werden am zentral gelegenen Marienplatz unweit vom Tagungshotel erwartet, die ihren Unmut gegen diese Zusammenkunft kund tun werden. Am liebsten würden das die meist links gesinnten Demonstranten direkt vor dem Bayrischen Hof tun, aber rund 3500 Polizisten aus ganz Deutschland verhindern das. Nur Konferenzteilnehmer, Anwohner, Polizisten und akkreditierte Journalisten dürfen sich in der Nähe des Hotels Bayerischer Hof bewegen.

Claus Schreer, Sprecher des Münchener Bündnisses gegen Krieg und Rassismus, beobachtet wie jedes Jahr die Konferenz ganz genau. Er ist eine der Hauptfiguren rund um die Demonstrationen gegen die Sicherheitskonferenz. Traditionell hält er am zweiten Tag der Tagung eine Rede gegen die Nato-Veranstaltung. Die Kritik ist seit 2002 ähnlich: Die Veranstaltung bewirke genau das Gegenteil dessen, was sie vorgibt. Das Aktionsbündnis beschuldigt die Teilnehmer der Kriegstreiberei unter dem Vorwand der Friedenssuche. Die Vertreter der einzelnen Staaten teilten sich lediglich die Krisenregionen neu auf und sprächen sich inoffiziell ab, wird überspitzt formuliert.

Zwei Hassfiguren weniger

Auf Seiten der Konferenzteilnehmer gab es dieses Jahr einige Änderungen. Zum einen gibt es einen neuen Leiter der Sicherheitskonferenz. Der bisherige Leiter Horst Teltschik räumte nach der letztjährigen 44. Sicherheitskonferenz seinen Posten zu Gunsten von Wolfgang Ischinger. Teltschik war eine umstrittene Person. Bis 2006 war er Präsident bei Boeing Deutschland. Man warf ihm vor, die Rolle des Türöffners für Boeing zu spielen. Die Argumentation der Konferenzgegner: Boeing verdiene zu mindestens einem fünftel sein Geld durch weltweite Rüstungsaufträge und Teltschik beschaffe einen Teil der Aufträge unter anderem bei der jährlichen Münchner Sicherheitskonferenz. Dieses Jahr fallen somit zwei Hauptfiguren weg, gegen die sich der Unmut der Konferenzgegner richtete, nämllich der als Kriegstreiber und Lügner verschriene George W. Bush und der ehemalige Leiter der Konferenz Horst Teltschik.

Zum anderen gibt es also einen neuen US-Präsidenten, Barack Obama, der ein deutliches Zeichen für Frieden setzen möchte. Er schickt den US-Vize-Präsidenten Joe Biden nach München. Die USA sind in München also mit ihrem Vizepräsidenten vertreten, was in den letzten Jahren durchaus unüblich war. Normalerweise kam stets der US-Verteidigungsminister samt Delegation vorbei. Eigentlich wurde also Robert Gates erwartet, der alte und neue Verteidigungsminister der USA.

"Keine EU ohne die beiden Weltkriege"

Der neue Leiter der 45. Konferenz, Wolfgang Ischinger, ist zumindest krisenfest. Sein erster Arbeitstag als Botschafter Deutschlands in den USA war der 11. September 2001. Auch einen Gastauftritt bei dem gefürchteten Fox TV-Showmaster Bill O'Reilly überstand er souverän. Im Vorfeld der 45. Sicherheitskonferenz kam es schon zum ersten Kontakt zwischen Ischinger und dem Bündnis. Bereits im Dezember letzten Jahres, als schon lange feststand, dass Ischinger der neue Leiter der Sicherheitskonferenz wird, kam es dennoch zum Eklat. In einem Gastkommentar für eine Tageszeitung schrieb er: "Die Europäi­sche Union von heute wäre ohne die große Krise Europas, die zwei Weltkriege hervorgerufen hatte, nie zustande gekommen." Damit rief er viele Gegner auf den Plan. Der ehemalige KZ-Häftling Martin Löwenberg sagte beispielsweise, er fordere den Rücktritt von allen Posten und eine Entschuldigung Ischingers.

Nicht nur deshalb erwartet das Aktionsbündnis gegen die Münchner Sicherheitskonferenz eine überdurchschnittliche Beteiligung an der Großdemonstration am Samstag, den 7. Februar. Denn sie wird als Auftakt zu größeren Demonstrationen gegen das Nato-Jubiläum Anfang April gesehen. Unter dem Dach des Aktionsbündnisses schließen sich Organisationen zusammen wie das Institut für Sozialökologische Wirtschaftsforschung, die sozialistische deutsche Arbeiterjugend, der Internationale Friedensrat München, die deutsch-türkische Föderation demokratischer Arbeitervereine oder das Munich American Peace Committee.

Einige der Organisationen fordern die Abschaffung der Nato, weil sie nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, dem Ende des Warschauer Paktes und dem Ende des Ost-West-Konflikts ihren Sinn als westliches Verteidigungsbündnis verloren habe. Vor allem der Luftkrieg gegen die Serben Ende der 1990er wird dabei gerne als Beispiel herangezogen und als Angriffskrieg deklariert. Jede der genannten Organisationen ist am Wochenende auf den Demonstrationen mit einem Redner vertreten. (hyc/dpa)

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