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Sicherheitspaket: Operation Optimierung

Die Innenminister beraten sich in Fragen zu einem neuen Sicherheitspaket: Union und SPD ringen um schärfere Gesetze zur Sicherheit vor Anschlägen.

Es war der 4. September 2007 als hinter den Mauern des Ferienhauses im Sauerland plötzlich ein religiöses Ritual begann. Unter den Ermittlern machte sich Unruhe breit. Die Islamisten um Fritz G., die sich hier eingenistet hatten, um Sprengstoff vorzubereiten, standen offenbar kurz vor einem Anschlag. Doch sehen konnten die Fahnder nichts und dann begann auch noch das Gebet. Die Abhöraktion wurde abgebrochen. Beten ist vor dem Ohr des Staates geschützt. Am selben Tag noch wurde das Dschihadisten-Trio verhaftet.

Die Fahnder haben so das wohl gefährlichste Attentat der bundesdeutschen Geschichte verhindert. Überwachungslücken wie an diesem 4. September indes alarmieren die Experten. Wenn sich die Innenminister von Bund und Ländern ab Donnerstag im Schloß Steinhöfel zur Innenministerkonferenz (IMK) treffen, werden sie deshalb über ein neues Sicherheitspaket beraten, auf der Wunschliste steht auch die Videoüberwachung von Wohnungen. „Die Festnahme im Sauerland war ein Erfolg“, hält der IMK-Vorsitzende Jörg Schönbohm (CDU) fest. „Aber solch eine langfristige Operation übersteigt auf Dauer die Kräfte der Länder.“ Bei der IMK werde beraten, „welche Verbesserungen sich daraus ergeben“.

Weitgehend einig sind sich die Minister bei der praktischen Umorganisation in der Polizei- und Geheimdienstarbeit. In vertraulichen Auswertungen, die dem Tagesspiegel vorliegen, haben das BKA (EG Zeit) und der Verfassungsschutz (Operation Alberich) Vorschläge zur „Optimierung“ als Konsequenzen aus dem Sauerland-Fall formuliert. In der IMK-Beschlussvorlage finden sich jetzt die Stärkung von Spezialeinheiten, ein offenerer Informationsaustausch zwischen den Diensten. Aber auch technisch wollen die Behörden aufrüsten, um mit den Terroristen mithalten zu können. Künftig sollen Geräte zum Aufspüren von drahtlosen Internetzugängen (WLan) etwa gemeinsam angeschafft werden. Auf der Tagesordnung des Kamingesprächs der IMK steht zudem die Bündelung der Telekommunikationsüberwachung für die Behörden.

Bei der Frage allerdings, ob das Land weitere Sicherheitsgesetze braucht, stehen die Zeichen auf Streit. In die Beschlussvorlage sind Gesetzesbegehren von Unions-Landesinnenministern, denen die SPD-Seite zum Teil widerspricht, deshalb nicht aufgenommen. Aber in einer Protokollnotiz ist der sicherheitspolitische Wunschzettel beigefügt. Darauf stehen die Strafbarkeit des Besuchs von Terrorlagern, des Herunterladens von Bombenbauanleitungen, eine verdeckte Wohnungsdurchsuchung oder die visuelle Wohnraumüberwachung.

Während die Union jetzt auf ein Bündel schärferer Regeln drängt, und Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sich auffallend zurückhält, mahnt Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) zur Mäßigung: „Die Auswertung der „EG Zeit“ enthüllt für mich keine Handlungsnotwendigkeiten, ich sehe neben dem BKA-Gesetz überhaupt keinen Handlungsbedarf“. Vielmehr fordert der SPD- Mann eine Denkpause. „Ich glaube, wir werden auf der IMK auch darüber reden, dass es an der Zeit wäre, eine Gesamtkonzeption vorzulegen.“ Denn derzeit lebe „die Sicherheitspolitik des Bundes von der Hand in den Mund.“ Die EG Zeit, so Körtings Einschätzung, habe gezeigt, dass die traditionellen Ermittlungsmethoden zielführend seien. Wer mehr wolle, schlage einen gefährlichen Weg ein: „Wir werden in der Demokratie immer Informationslücken haben.Wer das Risiko von Lücken völlig beseitigen will, müsste einen Schritt zum Überwachungsstaat gehen, den ich nicht gehen will.“

Beim Kamingespräch will der IMK-Vorsitzende Schönbohm vorschlagen, das sogenannte „Programm für die Innere Sicherheit“ fortzuschreiben, das zuletzt 1994 aktualisiert wurde. Allerdings reicht Schönbohm das nicht aus. „Einige Einzelmaßnahmen können nicht warten, bis wir ein Programm haben. Die beiden Aspekte stehen nicht gegeneinander“, so Schönbohm. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) fordert, „die Möglichkeiten des Ausländerrechts müssen konsequent genutzt werden“, Bayern setze sich zudem dafür ein, dass der Besuch von Terrorlagern und der Download von Bombenbauanleitungen unter Strafe gestellt werden.

Doch bei Gesetzen stellt sich Körting quer: „Mit den SPD-Ländern wird die visuelle Wohnraumüberwachung nicht zu machen sein. Das geht zentral gegen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.“ Und den Download von Anleitung aus dem Internet „schon strafrechtlich zu sanktionieren, sehe ich als problematisch an.“ Ein einstimmiger IMK-Beschluss ist so freilich nicht zu erwarten.

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