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Wolfgang Bosbach

© dpa

Sicherungsverwahrung: CDU reicht elektronische Fußfessel nicht aus

CDU-Innenexperte Bosbach fordert FDP-Ministerin Leutheusser-Schnarrenberger auf, die nachträgliche Sicherungsverwahrung nicht abzuschaffen.

Im Streit um die nachträgliche Sicherungsverwahrung von Gewalttätern haben Unionspolitiker der Regierung fehlenden Realitätssinn vorgeworfen. Der aktuelle Zustand, dass solche Täter freigelassen und dann rund um die Uhr beobachtet werden müssen, sei „untragbar“ und nicht durchzuhalten, klagten die Innenminister Hessens und Thüringens, Volker Bouffier und Peter Huber (beide CDU) am Wochenende. Der Bundestagsabgeordnete und CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach pflichtete ihnen bei. Es sei „unmöglich, diese Personen über einen längeren Zeitraum lückenlos zu überwachen“, sagte Bosbach dem Tagesspiegel. Die Annahme, dass die Polizei entlassene Gewalttäter „schon kontrollieren und in Schach halten kann, wenn sie sich nur genügend Mühe gibt“, sei naiv. „Im Berliner Justizministerium werden die praktischen Probleme vor Ort dramatisch unterschätzt.“

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) plant, die Sicherungsverwahrung, die auch noch nach einem Urteil verhängt werden kann, abzuschaffen. Dies stößt in der Union auf Kritik. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte die deutsche Praxis der nachträglichen Sicherungsverwahrung im Dezember 2009 als verkappte Strafverlängerung kritisiert. Infolgedessen wurden bereits mehrere Gewalttäter von Gerichten auf freien Fuß gesetzt.

Es werde jedoch „auch weiterhin Fälle geben, wo sich erst während der Haftzeit herausstellt, dass der Täter nicht resozialisierbar ist und eine erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit darstellt“, warnte Bosbach. Eine Freilassung mit befristeter Observation wäre in diesen Fällen ein „zu hohes Risiko“. „Solange es keine praktikable Alternative gibt, brauchen wir die nachträgliche Sicherungsverwahrung.“ Allerdings müsse sie, so verstehe er auch den Tenor der Europäischen Gerichtshofs, „etwas anderes sein als die bloße Fortsetzung der Haft“.

Um eine Reform hinzubekommen, sei gemeinsames Handeln nötig, mahnte Bosbach. „Vor einem Vorgehen ohne Rücksprache mit den Ländern kann ich nur warnen.“ Diesen obliege schließlich nicht nur der Strafvollzug, sondern auch die Gefahrenabwehr und damit das Problem der Überwachung. „Um eine Person rund um die Uhr zu observieren, brauche man mindestens 20 bis 25 Einsatzkräfte“, sagte der CDU- Politiker. Und elektronische Fußfessel, wie von der Bundesministerin ins Spiel gebracht, sei keine Alternative, da deren Überwachungsbereich sehr begrenzt sei. Bei Personen, die sich etwa Schulen oder Kindergärten nicht nähern dürfen, funktioniere das nicht. Nötig sei eine sichere Unterbringung.

Nach Ansicht von Hessens Innenminister Bouffier (CDU) ist die permanente Überwachung freigelassener Straftäter auch „rechtlich höchst fragwürdig“. Im geltenden Recht gebe es dafür „keine Grundlage“, schrieb er der Bundesministerin, wie der „Spiegel“ berichtete. Bouffiers Amtskollege Huber aus Thüringen warf Leutheusser-Schnarrenberger vor, das Grundproblem gefährlicher Straftäter zu unterschätzen. Es sei ihre Aufgabe, dafür Lösungsvorschläge zu unterbreiten, sagte er der Nachrichtenagentur dpa.

Eine Alternative zur nachträglichen Sicherungsverwahrung sieht Huber darin, gefährliche Straftäter nach der Haft in der Psychiatrie unterzubringen. Dies werde derzeit geprüft. Nach Hubers Rechnung sitzen derzeit etwa 100 Menschen in nachträglich verhängter Sicherungsverwahrung. Dafür gebe es nur eine Lösung: „Die Ministerin muss erklären, dass es nicht um Strafe geht, sondern um Gefahrenabwehr. Damit ist es Sache der Länder.“

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