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Politik: Sie werden beobachtet

In den Gesichtern lesen heißt zu verstehen, was passiert. Der Politik auf den Grund zu schauen. Und wer es nicht glaubt, dem hilft die Karikatur

Was wir alles in Ihren Gesichtern lesen können – da fehlen einem die Worte. Oder? Das Bild sagt doch alles: Der VerdiChef, der DGB-Chef, der IG-Metall-Chef sitzen bei der SPD. In der ersten Reihe, das immerhin, aber ihre Mienen sprechen Bände. Skepsis, Trauer, Ablehnung und noch viel mehr lässt sich hier ablesen. Immer noch singen sie „Wann sie schreiten Seit’ an Seit’“, aber an diesem Tag wird nicht geschritten, wird ausgesessen, still gesessen, kein Fortschritt – die Assoziationskette kann immer noch weiter gehen. Und das zeichnet ein gutes Foto aus. Das Siegerfoto. Die Jury, zu der auch Tagesspiegel-Redaktionsdirektor Gerd Appenzeller gehörte, hat es ausgewählt.

Ja, die Fotos lassen tiefe Einblicke zu. Horst Seehofer, der Rentenfachmann, der Sozialexperte, der Mann, der für die einfachen Leute streitet, der sich um die Alten kümmert – da sitzt er auf der Parkbank, gut gelaunt. Neben einem Alten. In seiner Heimatstadt Ingolstadt. Was sich daran alles ablesen lässt: Mit sich zufrieden, der andere mit ihm, wenigstens mit der gegenwärtigen Situation. Aber es ist, andererseits, nur eine Momentaufnahme. Wohin gehen sie beide morgen? Werden sie sich nicht gleich wieder trennen? Und das übersetzt ins Politische …

Alles das sagt ein Bild. Noch mehr sagen alle die Bilder, die Sie in der Ausstellung sehen können. Schauen Sie einmal auf das Foto, das Gesine Schwan zeigt: mit dem Blick auf das Dahinter. Das ist Wahrheit für mehr als einen Augenblick.

Wahrheit bietet zumal die Karikatur. Die Karikatur – ein Bild auf andere Art, retuschiert, pointiert. Mit spitzer Feder, gegen den Strich, alle diese Sprachbilder passen. Kleine Sätze dazu, kleine Stiche, und schon entsteht die, möglicherweise, wahre Wirklichkeit, die erst deutlich wird durch Überzeichnung: Hans Eichel mit dem verfremdeten Satz von Walter Ulbricht zum Mauerbau, Gerhard Schröder als Dirigent mit gezogenem Revolver, der „Spiegel“, der sich schreibt, wie die Hamburger ß-prechen.

Also, schauen Sie vorbei in der Landesvertretung Rheinland-Pfalz in Berlins Ministergärten. Sie stellt die Fotos und Karikaturen bis zum 27. Februar aus. cas

www.rueckblende.rlp.de

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