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Politik: „Sie werden den Geiseln nichts antun“

Kolumbiens Vizepräsident Santos rechnet mit hoher Lösegeldforderung für entführte Touristen

FRANCISCO SANTOS CALDERON

ist Vizepräsident von

Ko lumbien. Der 41Jährige arbeitete vor seiner Wahl 2002 als Journalist bei

der Zeitung „El Tiempo“.

Foto: AP

Vor einer Woche sind in Nordkolumbien acht ausländische Touristen von Rebellen entführt worden – eine Deutsche, vier Israelis, zwei Briten und ein Spanier. Die Gruppe wollte die Ciudad Perdida besuchen, die abgelegene „verlorene Stadt“ der präkolumbianischen Tayrona-Kultur. Seitdem durchkämmen kolumbianische Soldaten das abgelegene Dschungelgebiet. Doch bislang fehlt von den Entführten und ihren Kidnappern jede Spur. Mit dem kolumbianischen Vizepräsidenten Francisco Santos Calderon sprach Martin Gehlen.

Herr Vizepräsident, wie ist die Lage im Augenblick. Gibt es Erkenntnisse, wer die Kidnapper sind?

Wir glauben, dass sie Rebellen von der ELN sind. Sie nennen sich Nationales Befreiungsheer und sind im Unterschied zu der Farc eine deutlich kleinere Guerillagruppe.

Was tut die kolumbianische Regierung, um die Geiseln zu retten?

Wir versuchen die Gegend abzuriegeln, damit die Kidnapper mit ihren Geiseln nicht in absolut unzugängliches Gelände entkommen können. Wir versuchen, den Bewegungsspielraum für die ELN immer enger zu ziehen, um die Guerilla unter Druck zu setzen und auf diese Weise zu erreichen, dass sie mit uns verhandelt. Wir sind uns sicher, dass sie den Geiseln nichts antun werden.

Warum? Hat die Regierung schon direkten Kontakt zu den Entführern?

Nein, im Moment noch nicht. Aber die Entführer werden sich melden, entweder bei den Verwandten der Geiseln oder bei einer humanitären Organisation. Die ELN – genauso wie die Farc – verlangt immer Lösegeld. Sie ist wahrscheinlich im Moment voll damit beschäftigt, ihre Geiseln in ein sicheres Versteck zu bringen. Wenn wir das verhindern können, wird es sehr bald Verhandlungen über eine Freilassung geben.

Es gibt Gerüchte, dass die Kidnapper ihre Geiseln bereits nach Venezuela gebracht haben.

Das glaube ich nicht.

2000 kolumbianische Soldaten operieren inzwischen dort, wo die acht Touristen entführt worden sind. Geht es den Soldaten nur darum, den Bewegungsspielraum der Geiselnehmer einzuschränken? Oder ist es auch ihr Ziel, die Geiseln zu befreien?

Wenn wir die Chance sehen, die Geiseln mit Gewalt zu befreien, ohne ihr Leben zu gefährden, werden wir das tun.

Welche Informationen gibt es über die deutsche Geisel?

Wir wissen im Augenblick nichts Genaues über sie. Die Geiseln haben einen schweren Fehler gemacht. Sie sind nach Ciudad Perdida, der „verlorenen Stadt“, gegangen und haben dann außerhalb des bewachten Gebietes übernachtet. Dort wurden sie gekidnappt.

Was sollten Touristen beachten, die nach Kolumbien reisen?

Alle Touristen sollten sich vorher genau erkundigen, welche Gegenden sicher sind und welche nicht. Man sollte niemals solche Risiken eingehen, wie es die Gekidnappten getan haben.

Nach Ihren Erfahrungen, wie lange kann eine solche Geiselnahme dauern?

Das ist sehr schwer zu sagen. Wenn die Kidnapper uns in unwegsame Gegenden entkommen, dann kann es sehr lange dauern. Das bedeutet dann sehr lange Verhandlungen und ein sehr hohes Lösegeld.

Sie haben 1990 und 1991 selbst neun Monate in Geiselhaft verbracht, als Gefangener des Drogenbarons Pablo Escobar. Gibt es einen Unterschied zwischen den Geiselnahmen der Drogenmafia und den heutigen Geiselnahmen der Guerilla?

Ich sehe keinen. Das sind einfach schreckliche Untaten, die sich weder politisch noch ideologisch rechtfertigen lassen. Den Kidnappern geht es nur darum, Geld zu erpressen. Sie sind Verbrecher und Feiglinge, das ist alles.

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