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Politik: Sieben Tage, hundert Köpfe

Anhörungsmarathon zur Föderalismusreform im Bundestag / Verbandsvertreter sollen draußen bleiben

Berlin - Es wird eines der größten Anhörungsverfahren in der Geschichte des deutschen Parlamentarismus werden: Ab Mitte Mai wollen der Rechtsausschuss des Bundestags und Mitglieder des Bundesrats Sachverständige befragen, was sie denn von dem vorliegenden Gesetzeswerk zur Föderalismusreform halten. Sieben Tage soll das Spektakel insgesamt dauern, erster Termin ist der 15. Mai, Schluss ist am 2. Juni. Nach den bisherigen Vorstellungen dürften an die hundert Gutachter zu den sechs Themenkomplexen geladen werden. Im Bundestag rechnet man offenbar mit größtem Interesse an der Mammutveranstaltung: Die Anhörung soll im Plenarsaal stattfinden.

Viel Neues wird die Öffentlichkeit freilich nicht erfahren: Es geht vor allem um die seit längerem umstrittenen Themen wie Bildung, Beamte, Strafvollzug, Umweltrecht und dabei immer um die zentrale Frage der Föderalismusreform: Wer soll’s richten – Bund oder Länder? Weil im Bundestag aber erheblicher Bedarf an Begutachtung des Reformwerks angemeldet wurde, nicht zuletzt in der SPD-Fraktion, sollen nochmals Gutachter in die Bütt – oft sind es diejenigen, die schon in der Föderalismuskommission als Sachverständige dabei waren und deren Meinungen ausführlich auf der Website des Bundesrats dokumentiert sind.

Die Sachverständigen werden streng nach Proporz ausgewählt. Im Bundestag dürfen Union und SPD je zwei, die drei anderen Fraktionen je einen Namen pro Thema nennen. Zumindest bei der Bildung wird nochmals nach Hochschul- und Forschungspolitik geteilt, macht also vierzehn Sachverständige. So wird allein der Bundestag wohl mindestens 49 Sachverständige bestellen. Es können auch noch mehr werden. Der Bundesrat will sich etwas beschränken und nur fünf Fachkundige je Thema benennen. Ein bisschen Streit gibt es unter den Ländern derzeit noch, wer die Herren und Damen letztlich bestimmt und einlädt: NRW-Regierungschef Jürgen Rüttgers (CDU) als derzeitiger Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) oder der schleswig-holsteinische Innenminister Ralf Stegner (SPD) als Vorsitzender des federführenden Innenausschusses. Stegner hat Rüttgers schon einmal darauf hingewiesen, die MPK sei kein Verfassungsorgan.

Unter den von den Ländern vorgeschlagenen Fachleuten sind mit Erwin Teufel, Kurt Biedenkopf und Bernhard Vogel drei alte Hasen, was die Praxis des Föderalismus angeht. Auch der bayerische Landtagspräsident Alois Glück (CSU) soll sich den Fragen stellen. Ansonsten sind meist bekannte Wissenschaftler vorgeschlagen wie der Staatsrechtler Ulrich Battis, der Kölner Politologe Fritz W. Scharpf, der frühere Präsident der Humboldt-Uni, Hans Meyer, oder der Chef des Umweltsachverständigenrats, Hans-Joachim Koch. Verbandsvertreter sollten eigentlich nicht geladen werden, doch der Bundestag hätte wohl gern den Chef des Beamtenbunds sowie die Vorsitzenden von GEW und Lehrerverband dabei. Aber der Bundesrat ist dagegen. Zu interessengeleitet soll die Anhörung dann doch nicht verlaufen. Viel Zeit ist ohnehin nicht vorhanden. Geht man einmal von zehn Stunden Dauer am Tag aus, bleibt für die einzelnen Sachverständigen, Fragen und Stellungnahmen der Mitglieder von Bundestag und Bundesrat abgezogen, kaum mehr als eine halbe Stunde Zeit für Stellungnahme und Antworten.

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