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Siedlungspolitik: EU-Außenminister im Schatten Obamas

Die EU-Außenminister wollen sich aus dem Nahostkonflikt und Irans Atompolitik zunächst heraushalten. Stattdessen beschränkt sich die EU-Außenpolitik aufs Abwarten - und hofft auf die USA.

In der entscheidenden Phase der Nahostpolitik, in der die israelische Siedlungspolitik den Friedensprozess gefährdet, beschränkt sich die europäische Außenpolitik auf Zuschauen und Abwarten. Bei ihrem informellen Wochenendtreffen in Stockholm kritisierten die EU-Außenminister zwar einmütig die Pläne des neuen israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu, der Baugenehmigungen für über hundert neue Wohnungen im Westjordangebiet angekündigt hat. Die Europäer verzichten aber darauf, bei der Vermittlung zwischen Israel und den Palästinensern eine aktive Rolle zu übernehmen.

Nach seiner Nahostreise sieht der EU-Außenbeauftragte Javier Solana allerdings Licht am Ende des Tunnels: Er erwarte, dass der israelische Ministerpräsident bei der Vollversammlung der Vereinten Nationen (UN) Ende September einen Siedlungsstopp ankündige. Dies ist die Voraussetzung für die Wiederaufnahme direkter Gespräche zwischen Israel und den Palästinensern. US-Präsident Barack Obama will offenbar die Gelegenheit der UN-Versammlung in New York nutzen, um Netanjahu und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zu einem ersten Gespräch zusammenzubringen. Er plant ein Dreiertreffen, das den seit Monaten stockenden Friedensprozess wieder anstoßen könnte. Die Ankündigung, dass die israelische Regierung kurz vor dem Siedlungsstopp noch schnell neue Bauprojekte genehmigen wolle, gefährdet jedoch die Bemühungen Washingtons. In Jerusalem hieß es am Wochenende zudem, dass Netanjahu nur einen auf neun Monate begrenzten Baustopp verhängen wolle.

Israel müsse alle Siedlungsaktivitäten im Westjordanland „vollständig“ einstellen, fordert dagegen der EU-Außenbeauftragte Javier Solana. Das Einfrieren des Siedlungsbaus löse nicht alle Probleme, warnte Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner in Stockholm. Zugeständnisse erwarte die EU nicht nur von Israel, sondern auch von den arabischen Staaten. Sie sollten in ihren Ländern wieder israelische Handelsvertretungen zulassen und Israel Überflugrechte zubilligen.

Die Vermittlung zwischen Israel und den Palästinensern will die EU offenbar dem US-Präsidenten überlassen. Die Europäer begnügen sich mit der Unterstützung der US-Diplomatie. Washington könne mit seinen „besonderen Beziehungen“ zu Israel am ehesten die neue konservative Regierung in Jerusalem beeinflussen, meinte ein deutscher Diplomat in Stockholm. Der EU bleibe da lediglich eine Nebenrolle. Dass derzeit die Schweden in der EU den Vorsitz führen, ist ein weiteres Handicap der EU-Außenpolitik. Schweden gilt als besonders palästinenserfreundlich. Die schwedische EU-Präsidentschaft ist deshalb wenig geeignet, im Nahen Osten zu vermitteln.

Umstritten ist auch der „regionale Ansatz“ der EU-Nahostpolitik: Syrien soll als einflussreiche politische und militärische Macht der Region stärker in den Verhandlungsprozess einbezogen werden. Schon 2004 hatten die Brüsseler EU-Diplomaten deshalb mit Syrien ein Assoziationsabkommen ausgehandelt, das neben handelspolitischen Erleichterungen auch einen engen politischen Dialog vorsieht. Die EU hätte damit – zumindest theoretisch – die Chance, in vorgegebenen Verhandlungsstrukturen auf Syrien Einfluss auszuüben. Bisher jedoch hat die niederländische Regierung ihre Zustimmung zu diesem Abkommen verweigert, weil Syrien nach wie vor im Innern die Opposition brutal verfolgt und in der Region terroristische Organisationen unterstützt.

Syrien gilt zudem als wichtiger Verbündeter des Iran, der nach Ansicht westlicher Experten den Bau von Atomwaffen vorbereitet. Im Streit um die Nuklearpolitik Teherans nahmen die EU-Außenminister ebenfalls eine eher abwartende Haltung ein: Man wolle zunächst einmal sehen, ob der Iran die von US-Präsident Obama ausgestreckte Hand ergreife.

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