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Politik: Sieger Dschibril wirbt für Koalition in Libyen

Knapp 60 Prozent Beteiligung bei Wahl zur Nationalversammlung / Beobachter loben Abstimmungsverlauf.

Tripolis/Berlin - Nach der ersten freien Wahl in Libyen seit mehr als 40 Jahren hat der frühere Chef der Übergangsregierung, Mahmud Dschibril, seine Landsleute zur Geschlossenheit gemahnt. „Wir rufen aufrichtig zu einem nationalen Dialog auf mit dem Ziel, in einer Koalition unter einem Banner zusammenzufinden“, sagte Dschibril am Montag wenige Stunden vor der erwarteten Veröffentlichung der Wahlergebnisse. Zugleich lehnte der einstige Anführer des Nationalen Übergangsrats eine Stellungnahme zu den Spekulationen ab, wonach seine mehr als 60 Parteien umfassende Allianz der Nationalen Kräfte bei der Auszählung der Stimmzettel vorne liegt. Der Nationale Übergangsrat war die wichtigste Rebellenorganisation während des Aufstands gegen den früheren Machthaber Muammar al Gaddafi.

Bundeskanzlerin Angela Merkel beglückwünschte die Libyer zu ihrer Wahl und forderte die Parteien auf, die Demokratisierung ihres Landes weiter voranzutreiben. „Auf diesem weiteren Reformweg wird Deutschland Libyen tatkräftig unterstützen“, kündigte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin an. Dringendste Aufgabe der neuen libyschen Nationalversammlung sei die Ausarbeitung einer Verfassung, die „dem Willen des libyschen Volkes nach Rechtsstaatlichkeit, nach Demokratie, nach Versöhnung und nach guter Regierungsführung Rechnung trägt“.

Video zu dem Wahltag und O-Töne aus Libyen:

Die Libyer hatten mit der Wahl einen Schlussstrich unter die Herrschaft Gaddafis gezogen. Trotz einiger gewaltsamer Zwischenfälle lag die Wahlbeteiligung nach offiziellen Angaben bei knapp 60 Prozent. Libyen dürfte nun das dritte nordafrikanische Land werden, in dem nach dem Arabischen Frühling religiöse Parteien an Einfluss gewinnen. Die islamistische Muslimbruderschaft belegt nach ersten Auszählungen den zweiten Platz. In Ägypten und Tunesien haben sich nach den Umstürzen islamistische Kräfte durchgesetzt. Rund 3700 Kandidaten standen zur Wahl für den Einzug in eine 200 Mitglieder große Versammlung, die einen Ministerpräsidenten und ein Kabinett bestimmen und den Weg zu Parlamentswahlen im kommenden Jahr ebnen soll. Zudem soll sie die Bestimmung eines verfassunggebenden Gremiums vorbereiten.

Der Leiter der EU-Wahlbeobachterkommission in Libyen, Alexander Graf Lambsdorff, lobte den Ablauf der Wahl. „Wir haben im ganzen Land die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger friedlich zur Wahl gehen sehen. Die Auszählung ist ordnungsgemäß abgelaufen“, sagte der FDP- Europaabgeordnete dem Tagesspiegel. Libyen erlebe die Geburtsstunde einer neuen Demokratie: „Libyen wird erstmals seit Jahrzehnten ein demokratisch legitimiertes Parlament haben.“ Nun müsse eine Verfassung ausgearbeitet und eine Regierung gebildet werden. „Das Land hat noch viel vor sich.“rtr/dpa/chz

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