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Politik: Signal der Verständigung

Ankara sieht Erklärung des Papstes als Geste – Ägyptens Moslembrüder dagegen fordern Entschuldigung

Rom/Istanbul - Die Erklärung des Papstes zu seinen umstrittenen Äußerungen über den Islam sind in den muslimischen Ländern verhalten aufgenommen worden. Der Papst „bedauere sehr, dass einige Passagen seiner Rede die Gefühle von Moslems verletzt haben könnten“, erklärte Vatikan-Staatssekretär Tarcisio Bertone am Samstag in Vatikanstadt. Seine Äußerungen seien in einer Weise interpretiert worden, die nicht seiner Absicht entsprochen habe. Die einflussreiche Moslembruderschaft in Ägypten kritisierte die Worte des Bedauerns als unzureichend und beharrte auf einer Entschuldigung. Trotz aller Kritik will die türkische Regierung am geplanten Besuch des Papstes Ende November festhalten. Vereinzelt kam es sogar zu gewalttätigen Protesten: In der Stadt Nablus im Westjordanland wurden Brandanschläge auf eine anglikanische und eine griechisch-orthodoxe Kirche verübt. Eine radikale islamische Gruppe erklärte, die Aktionen seien ein Protest gegen die Papstworte.

Bertone erklärte weiter, der Papst habe sich in seiner Rede das Urteil des zitierten byzantinischen Kaisers nicht zu eigen machen wollen. Er habe mit den Zitaten allgemeine akademische Überlegungen über den Zusammenhang von Religion und Gewalt anstellen wollen. Der Wille des Papstes zum Dialog zwischen den Religionen und Kulturen sei unmissverständlich. Benedikt XVI. betone seine Hochachtung für Gläubige des Islam. „Er hofft, dass sie den wahren Sinn seiner Worte verstehen könne, wenn dieser schwierige Moment überstanden ist.“ Anlass der Kritik waren von Benedikt zitierte Aussagen eines byzantinischen Kaisers Manuel II. Palaiologos, denen zufolge der Prophet Mohammed „nur Schlechtes und Inhumanes“ in die Welt gebracht habe.

In der Türkei wurde die Erklärung des Vatikans als Geste des Entgegenkommens gewertet. In einer ersten Reaktion hieß es bei türkischen Regierungsvertretern, der Papst habe ein Signal der Verständigung ausgesandt. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im türkischen Parlament, Mehmet Dülger, sagte ebenfalls: „Der Papst hat sich entschuldigt, und das muss man akzeptieren.“ Auch ein Papst habe das Recht, Fehler zu begehen. Die türkischen Medien verwiesen in ihrer Berichterstattung über die Erklärung des Vatikans darauf, dass die Stellungnahme des katholischen Kirchenoberhauptes hinter der in der islamischen Welt geforderten formellen Entschuldigung zurückgeblieben sei.

Der islamistischen Moslembrüderschaft gingen die Äußerungen des Bedauerns nicht weit genug. Es „handelt sich nicht um eine Entschuldigung“ an die Moslems, erklärte Führungsmitglied Abdel Moneim Abul Futuh in Kairo. Der Papst habe einen Fehler begangen, „er muss ihn anerkennen und sich entschuldigen“.

Vor der Erklärung des Vatikans hatten Vertreter moslemisch geprägter Länder eine Entschuldigung gefordert. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sagte, was Benedikt XVI. über den Propheten gesagt habe, sei „nicht hinnehmbar“. Der im sunnitischen Islam als oberste religiöse Autorität anerkannte Großscheich der El-Ashar-Universität in Kairo warf Papst Benedikt XVI. „Unkenntnis des Islam“ vor. sei/AFP

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