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Auf den Straßen von Harare, der Hauptstadt Simbabwes, fahren Panzer, Kontrollpunkte sind eingerichtet.

© dpa

Simbabwe: Ein lautloser Putsch

Soldaten übernehmen in Simbabwe die Macht und läuten das Ende der Mugabe-Ära ein. Die First Lady flieht.

In den Straßen der Hauptstadt rollen die Panzer. Das Haus des Regierungschefs ist abgeriegelt und auch die Nachrichtenstudios des Staatsfunks stehen unter dem wachenden Blick von Soldaten mit Maschinengewehren. Einzig: Gewalt, Schüsse und Blut – die fehlen in Simbabwe.

Er ist das älteste Staatsoberhaupt der Welt, einer der berüchtigtsten Autokraten und einer der am längsten regierenden Machtherren Afrikas. Mit Superlativen sparte Robert Mugabe nicht, seit er vor 37 Jahren in der südafrikanischen Nation an die Macht kam. Vor allem in den letzten Jahren gehörten Menschenrechtsverletzungen und Wahlfälschung zu den Werkzeugen seines Machterhalts. Jetzt könnte die Amtszeit des 93-jährigen Despoten zu Ende gehen. Am Mittwoch übernahm die Armee mithilfe von Panzern, Fußsoldaten und Straßensperren die Kontrolle über die Hauptstadt Harare.

Das Parlament und andere zentrale Regierungsgebäude riegelte das Militär ab. Auch die staatliche „Zimbabwe Broadcasting Corporation“ befindet sich in ihren Händen. Dort verkündete ein uniformierter Sprecher in den frühen Morgenstunden: „Wir rechnen damit, dass wir wieder zur Normalität zurückkehren, sobald unsere Mission erfüllt ist.“

In Harare und anderen Großstädten ging das Leben unterdessen weiter wie gewohnt, nur vereinzelt blieben Schulen und Büros geschlossen. In den Hinterköpfen aller Simbabwer schwebt jedoch weiterhin die Frage: Wurde Mugabe durch einen Putsch entmachtet? Die Armee vermied beharrlich, die Machtübernahme als „Putsch“ zu deklarieren – laut Beobachtern, um diese vor dem Staatenbund der Südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft (SADC) zu legitimieren.

Südafrikas Staatspräsident Jacob Zuma war in seiner Funktion als SADC-Vorsitzender wenige Stunden nach der Machtübernahme vor die Kameras getreten. Dabei rief er Simbabwes Sicherheitskräfte zur Zurückhaltung auf und kündigte die Entsendung eines diplomatischen Kriseninterventionsteams an, bestehend aus Südafrikas Verteidigungs-, Außen- und Staatssicherheitsminister.

Durchdacht und friedlich

Tatsächlich deutet alles auf einen Militärputsch hin. „Durchdacht, sauber, friedlich – wie immer man es nennen will, wir erleben einen Putsch. Mugabe hat die Kontrolle verloren und es gibt derzeit keine Regierung“, sagt Politologe Rejoice Ngwenya in Harare. Auch der Oppositionspolitiker und frühere Unterrichtsminister David Coltart berichtet aus der zweitgrößten Stadt Bulawayo: „Gleich, was das Militär sagt, es ist ein Putsch. Und, wie ich denke, zugleich das Ende der Ära Mugabe.“

Überraschend wäre ein Regierungssturz jedenfalls nicht. Zwar genießt Mugabe mit seiner antikolonialen und afrikanisch-nationalistischen Politik immer noch beachtlichen Einfluss im ländlichen Simbabwe. Jedoch wirtschaftete der greise Machtherr sein Land in den letzten Jahren bis zur Putschgefahr herunter. Nach dem Einbruch der Wirtschaft hatte Simbabwes Regierung den US-Dollar als Zahlungsmittel eingeführt. Zuletzt druckte man Schuldscheine. Trotzdem kommt es täglich zu Schlangen vor Geldautomaten und zu Hamsterkäufen.

Den zündenden Funken für die Militäraktion lieferte Mugabe vergangene Woche: Weil er „unloyal“ geworden sei, hatte der Präsident seinen Vize Emmerson Mnangagwa entlassen. Dieser floh aus Simbabwe, genießt aber offenbar nach wie vor die Treue der Streitkräfte. Alle Augen sind nun auf den als Hardliner geltenden Politiker gerichtet und die Frage, ob er Mugabes Amt einnimmt. Unterdessen zitierten südafrikanische Medien anonyme Regierungsquellen, denen zufolge Mugabe am Donnerstag seinen Rücktritt verkünden wolle.

Selbst wenn das Militär in Harares Straßen nur eine Machtdemonstration ist, steht fest: Mugabes Plan, seine 41 Jahre jüngere Frau Grace im Rennen um seine Nachfolge zu positionieren, ist gescheitert. Die umstrittene First Lady floh Berichten zufolge per Flugzeug nach Namibia. Ihre Unterstützer in der „G 40“-Fraktion der Regierungspartei ZANU-PF wurden verhaftet. Unter ihnen sollen sich nicht nur die Minister für Information, höhere Bildung und Kommunalregierungen befinden.

Auch der Anführer der Parteijugend sei in Gewahrsam, nachdem er sich zu Wochenbeginn ein Wortgefecht mit der Armeespitze lieferte. Dabei hatte er Mugabe Treue geschworen und verkündet: „Angesichts der Gefahr für Land und Zukunft werden wir keinem General erlauben, unserem gewählten Präsidenten dazwischenzukommen.“ Die frühere Kolonialmacht Großbritannien und die EU appellierten für eine „friedliche Lösung“.

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