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Simbabwes Präsident Robert Mugabe

© rtr

Simbabwe: Mugabe lässt über neue Verfassung abstimmen

Am Samstag sollen die Bürger des krisengeschüttelten afrikanischen Staates per Referendum ein neues Grundrecht annehmen. Dies hätte Neuwahlen im Juli zu Folge. Beobachter zweifeln aber daran, dass sich die Lage im Land deutlich ändert.

Wenige Länder sind in den vergangenen Jahren ähnlich abgestürzt wie Simbabwe. Einst eine der wenigen Erfolgsgeschichten Afrikas, ist das ehemalige Rhodesien in knapp einem Jahrzehnt von Robert Mugabe und dessen Zanu PF-Partei fast völlig ruiniert worden: Zwischen 2000 und 2009 schrumpfte die Agrarwirtschaft durch die Vertreibung fast aller weißen Farmer um die Hälfte und rund ein Viertel der 13 Millionen Simbabwer flohen aus dem Land. Die Lebenserwartung ist nach Angaben der Weltbank auf unter 50 Jahre gefallen und gehört zu den niedrigsten der Welt. Erst einer auf Druck von außen eingesetzten Einheitsregierung ist es in den vergangenen drei Jahren gelungen, den Niedergang zu stoppen. Obwohl die Wirtschaft weiter leidet, soll sie dieses Jahr von einer extrem niedrigen Basis leicht wachsen. Auch die Hyperinflation befindet sich durch die Einführung des US-Dollars als Landeswährung mit vier Prozent nun unter Kontrolle.

Wahlhelfer mit Plakaten, die um Unterstützung für die neue Verfassung werben.
Wahlhelfer mit Plakaten, die um Unterstützung für die neue Verfassung werben.

© AFP

Nach einer langen Blockade haben Mugabe und seine Zanu nun auch zugestimmt, am heutigen Samstag ein Referendum über eine neue Verfassung abzuhalten. Das Dokument ist jedoch von Mugabes Zanu und der seit 2009 in die Regierung eingebundenen „Bewegung für eine Mehrparteiendemokratie“ (MDC), der einstigen Opposition, unter Umgehung der Bürgergesellschaft fast ganz allein ausgehandelt worden. Dennoch wird erwartet, dass die neue Verfassung angenommen wird, was wiederum den Weg für ein weit wichtigeres Ereignis bereiten dürfte: einer Präsidentschafts- und Parlamentswahl im Juli. Sollten die Wahlen dann nicht wie die vergangenen Urnengänge von Mugabe gefälscht werden, könnte dies theoretisch das Ende seiner inzwischen 33-jährigen Herrschaft bedeuten. Der gerade 89 Jahre alt gewordene Despot führt das Land seit der Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahre 1980 wie sein persönliches Reich.

Allerdings ist eine freie und faire Wahl eher unwahrscheinlich. Viele Simbabwer und internationale Beobachter sind überzeugt, dass Mugabe und die noch immer von seiner Partei kontrollierten Sicherheitskräfte die Macht niemals freiwillig aus der Hand geben würden. Die Sorge des Mugabe-Clans, wegen der gewaltsamen Unterdrückung der Opposition und der Plünderung des Staates vor ein internationales Gericht gestellt zu werden, ist vermutlich zu groß.

Unabhängige Juristen kritisieren die neue Verfassung als unzureichend, weil sie dem Präsidenten weiterhin zu viel Macht gibt, sehen darin aber immerhin auch Fortschritte. So soll die Amtszeit des Präsidenten auf nur noch zwei Amtszeiten von jeweils vier Jahren beschränkt werden. Auch soll der mächtige Staatschef von einem mit mehr Kompetenzen ausgestatteten Parlament fortan besser überwacht werden. Allgemein wird moniert, dass die schnell abgehaltene Abstimmung den meisten Menschen viel zu wenig Zeit gegeben hat, die Verfassung genauer zu studieren. Dennoch dürfte das Dokument schon wegen der Unterstützung durch die beiden großen Parteien wohl mit deutlicher Mehrheit akzeptiert werden.

Unter normalen Umständen würde die MDC von Morgan Tsvangirai die dann folgenden Wahlen fast ebenso sicher wie vor fünf Jahren gewinnen, als die damalige Opposition trotz Mugabes Wahlsabotage und der Gewalt seiner Sicherheitskräfte mehr als 50 Prozent der Stimmen erhielt – und Tsvangirai im ersten Wahldurchgang Mugabe sogar mit 48 zu 43 Prozent schlug – ehe die Zanu ihre Schlägertruppen los schickte, was zu Tsvangirais Rückzug vor dem zweiten Wahlgang führte.

Allerdings haben die MDC und vor allem Tsvangirai in den vergangenen drei Jahren an Glanz verloren hat, weil sie weniger erreichten, als von vielen Bürgern erhofft. Noch immer hat die Partei ihre meisten Anhänger in den Städten. Auf dem Land dürfte die MDC hingegen weniger gut abschneiden, weil Mugabes Zanu hier die vielen armen Kleinbauern leichter einschüchtern und mit Wahlgeschenken ködern kann. So haben die illegalen Einnahmen aus den Diamantenfeldern im Osten des Landes die Schatulle der Zanu stark gefüllt. Wolfgang Drechsler

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