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Politik: Skopje hofft auf Scheitern des Referendums

Berlin - Lange Zeit galt Mazedonien für die internationale Gemeinschaft als Musterknabe unter den Balkanländern. Doch mit einem Referendum am kommenden Sonntag steht dem Land die vielleicht größte Bewährungsprobe für den Friedensprozess seit dem Jahr 2001 bevor.

Berlin - Lange Zeit galt Mazedonien für die internationale Gemeinschaft als Musterknabe unter den Balkanländern. Doch mit einem Referendum am kommenden Sonntag steht dem Land die vielleicht größte Bewährungsprobe für den Friedensprozess seit dem Jahr 2001 bevor. Damals waren Unruhen durch den Konflikt zwischen der slawisch-mazedonischen Mehrheit und der albanischen Minderheit ausgelöst worden. „Mit der Abstimmung steht Mazedonien ohne Frage am Scheideweg“, sagte Ministerpräsident Hari Kostov dem Tagesspiegel. „Unsere Bürger müssen sich entscheiden, ob sie den positiven Weg Richtung Europa und EU weitergehen wollen oder ob sie sich für den Schritt in die Vergangenheit entscheiden.“

Anlass des Referendums ist eine Kommunalreform, die das Parlament in der Hauptstadt Skopje Anfang August beschlossen hatte. Sie verschaffte der albanischen Minderheit, die rund ein Viertel der zwei Millionen Mazedonier ausmacht, mehr Rechte und ordnet die Gemeindegrenzen neu. Weil slawisch-mazedonische Nationalisten durch eine Unterschriftensammlung ein Referendum erzwangen, sind die 1,8 Millionen Wahlberechtigten am Sonntag aufgerufen, über die Reform abzustimmen. Gut 64 Prozent der Mazedonier sind slawischer Abstammung.

Das Problem für die Regierung von Ministerpräsident Kostov: Mit der Kommunalreform soll das Friedensabkommen von Ohrid aus dem Jahr 2001 vollendet werden. Unter Vermittlung der Europäischen Union und der Nato wurde damals der Kleinkrieg zwischen mazedonischen Sicherheitskräften und albanischen Freischärlern gestoppt. Seinerzeit waren rund 200 Menschen getötet und Zehntausende vertrieben worden. Den Albanern wurden mehr Minderheitenrechte und lokale Autonomie zugesichert. Wichtige Aspekte der Staatsgewalt sollten von der nationalen Ebene in die ethnisch homogeneren Regionen verlagert werden.

Sozialdemokrat Kostov hofft nun, dass beim Referendum am kommenden Sonntag die nötige Beteiligung nicht erreicht wird: Mindestens 50 Prozent der Stimmberechtigten müssen teilnehmen. Die Albaner haben bereits angekündigt, das Referendum zu boykottieren. Angesichts des unklaren Ausgangs am Sonntag schließt Kostov dennoch die Möglichkeit nicht aus, dass Mazedonien auf eine politische Krise zusteuert. Für den Fall, dass das Referendum doch Erfolg hat, sind seine persönlichen Konsequenzen klar: „Dann trete ich zurück.“

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