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Politik: Soldatin stirbt durch Bombe in Tel Aviv

Sprengsatz der Al-Aksa-Brigaden war im Gebüsch versteckt / 30 Verletzte / Arafat verurteilt Anschlag

Nach über einem halben Jahr Ruhe hat der Terror wieder in Tel Aviv zugeschlagen. Eine Zwei-Kilo-Bombe explodierte am frühen Sonntagmorgen in Sträuchern bei einer Bushaltestelle in der Nähe der alten Buszentralstation. Israel bewertete den Anschlag als „Beweis gegen das Fehlurteil“ des Internationalen Gerichtshofes gegen die Sperrmauer, während die Palästinenser auf Sanktionen der Vereinten Nationen gegen Israel drängen. Bei dem Anschlag wurde eine junge Soldatin getötet, rund 30 Passanten und Buspassagiere wurden verwundet, mehrere Gebäude in der Nähe beschädigt.

In dem heruntergekommenen Stadtteil Tel Avivs, wo die Bombe explodierte, leben Zehntausende meist illegale Gastarbeiter aus Drittweltstaaten. Dieser Umstand erleichterte es dem Täter, unentdeckt zu bleiben. Für die Tat übernahmen mehrere palästinensische Gruppierungen die Verantwortung, namentlich Kommandos der Al-Aksa-Brigaden, die zwar Arafats Fatah-Bewegung angehören, ihre Befehle aber aus Iran oder von der libanesischen Hisbollah erhalten sollen. Ein Anrufer der Gruppe sagte der Nachrichtenagentur Reuters, der Anschlag sei eine Vergeltung für die Tötung von zwei hohen Mitgliedern der Brigaden und für die Tötung anderer Palästinenser durch die israelische Armee.

Zwei Stunden später, zu Beginn der wöchentlichen Regierungssitzung, stellte Ministerpräsident Ariel Scharon den Anschlag in Zusammenhang mit dem Entscheid des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag gegen den israelischen Sperrwall im Westjordanland. Der Anschlag zeige der Welt, was die Haager Richter nicht sehen wollten, nämlich den „Grund für die Erstellung des Sicherheitszaunes, den mörderischen palästinensischen Terror“, sagte Scharon. Israel weise den einseitigen, politisch begründeten Entscheid der Haager Richter zurück.

Zugleich traten in Jassir Arafats Hauptquartier im nahen Ramallah die palästinensische Autonomieregierung und die PLO-Führung zu Beratungen über das weitere Vorgehen nach dem „historischen Entscheid“ des Internationalen Gerichtshofes zusammen. Klar war schon vor Beginn der Sitzung, dass die Palästinenserführung auf eine Zustimmung der UN-Generalversammlung zu den Empfehlungen der Haager Richter drängt, um danach vom UN-Sicherheitsrat Sanktionen gegen Israel zu verlangen.

Der Anschlag in Tel Aviv beurteilten Teilnehmer der PLO-Sitzung als Bumerang für die palästinensische Sache. Man werde mit der Forderung nach Sanktionen bis nach den Wahlen in den USA warten. Arafat verurteilte den Anschlag in Tel Aviv. Er betonte, dieser diene den israelischen Zielen, denn Israel sei nach dem Haager Richterspruch daran interessiert, den Palästinensern die Schuld für die Errichtung der Sperranlage zuzuschieben. Ministerpräsident Ahmed Kurei wird an diesem Montag führende Vertreter des Nationalen Sicherheitsrates der USA über die Beschlüsse informieren und versuchen, Washington von einem Veto gegen Sanktionen abzubringen.

Weil er ein Komplott gegen einen Parteirivalen geplant haben soll, feuerte Scharon Infrastrukturminister Josef Paritzky. Der Politiker der bürgerlich-säkularen Schinui-Partei hatte vor mehr als zwei Jahren mit einem Privatdetektiv darüber gesprochen, wie er dem heutigen Innenminister Avraham Poraz etwas anhängen könne. Scharon übergab Paritzky am Sonntag vor einer Kabinettssitzung seine Entlassungspapiere. Paritzky hatte sich noch am Wochenende geweigert, als Minister und Abgeordneter zurückzutreten. Er dürfte daher zumindest vorläufig in der Knesset verbleiben, die Regierungskoalition verliert ihre Mehrheit im Parlament.

Scharon bot deshalb der oppositionellen Arbeitspartei Koalitionsverhandlungen an. An diesem Montag will er sich mit Oppositionsführer Schimon Peres treffen. Die Arbeitspartei fordert eine umfassende Umsetzung von Scharons Plan, die Siedlungen im Gazastreifen zu räumen. Zudem will die Arbeitspartei eine Abkehr von der bisherigen Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik.

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