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Politik: Solidarnosc-Politiker Janusz Tomaszewski soll für Geheimdienst gearbeitet haben

Polens Ministerpräsident Jerzy Buzek hat Innenminister Janusz Tomaszewski in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag seines Amtes enthoben. Grund für die Entlassung ist der Verdacht, der einflussreiche Solidarnosc-Politiker könne in der Vergangenheit für den kommunistischen Geheimdienst tätig gewesen sein.

Polens Ministerpräsident Jerzy Buzek hat Innenminister Janusz Tomaszewski in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag seines Amtes enthoben. Grund für die Entlassung ist der Verdacht, der einflussreiche Solidarnosc-Politiker könne in der Vergangenheit für den kommunistischen Geheimdienst tätig gewesen sein. Nach bislang offiziell nicht bestätigten Informationen hat das für die Aufklärung solcher Vorgänge zuständige Gericht am Donnerstag ein Verfahren gegen Tomaszewski eröffnet.

Buzek erklärte zur Begründung seines Schrittes, er habe das Vertrauen zu Tomaszewski verloren, weil dieser "die Zusammenarbeit bei der Klärung dieser beunruhigenden Situation abgelehnt" habe. Zwei Tage zuvor hatte der Regierungschef den Innenminister gebeten, persönlich beim Gericht vorstellig zu werden und zu fragen, ob ein Verfahren gegen ihn vorliegt. Tomaszewski hatte dies abgelehnt und zugleich versichert, er sei niemals für den kommunistischen Geheimdienst tätig gewesen: "Ich hätte nie ein solches Amt übernommen, wenn ich etwas auf dem Gewissen hätte."

Die Durchleuchtung der möglichen Geheimdienstvergangenheit von staatlichen Funktionsträgern war eine der Hauptforderungen der regierenden AWS (Wahlaktion Solidarnosc). Bislang scheint der Prozess hauptsächlich die Regierungskoalition zu belasten. Im Frühjahr war Ministerpräsident Buzek selbst Opfer von Anschuldigungen durch einige frühere Parteikollegen geworden. In seinem Falle hatte das Gericht die Eröffnung eines Verfahrens abgelehnt. Kritiker unterstellen ihm, dassder Zugang zu den Akten dem Ministerpräsidenten untersteht.

Wesentlich distanzierter ist der kleinere Koalitionspartner, die liberale Freiheitsunion (UW). Viele prominenter UW-Politiker empört weniger der Verdacht, dass jemand in der Vergangenheit gespitzelt haben könnte als die Tatsache, dass solche Informationen in die Medien durchsickern, bevor das Gericht ein Urteil fällt. Der UW-Vorsitzende, Finanzminister und zweite Vizepremier Leszek Balcerowicz verwies auch in diesem Falle darauf, dass Gerüchte nicht gleichbedeutend seien mit einem Schuldspruch des Gerichts. Viel wichtiger sei die Klärung von Vorwürfen, wonach das Innenministerium Informationen über das Privatleben von Politikern gesammelt habe, die zum "unsauberen politischen Kampf" verwendet werden könnten.

Zufrieden über den Gang der Ereignisse zeigt sich das Demokratische Linksbündnis (SLD): "Die Entlassung des Innenministers ist ein Element, aber noch nicht das Finale des politischen Kampfes innerhalb der AWS und der Regierungskoalition", kommentierte der SLD-Abgeordnete Zemke. Auch die Medien zählen Intrigen aus den eigenen Reihen zu den Ursachen des Sturzes des einst mächtigsten Mannes der Koalition.

Als mögliche Nachfolger sind der Koordinator der Geheimdienste, Palubicki, der Woiwode von Kattowitz, Marek Kempski, sowie der UW-Politiker Jan Maria Rokita im Gespräch. Rokita, der als Spezialist für Innenpolitik gilt, lehnte eine Teilnahme an der Regierung "mit dieser Politik und in dieser Zusammensetzung" ab. Erst jüngst gab er zu verstehen, dass auch Buzek selbst kurz vor der Ablösung steht. Buzek selbst dementierte "sämtliche Gerüchte über eine Säuberung in der Regierung".

Edith Heller

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