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Politik: Solidarpakt für notleidende West-Gemeinden?

Der DGB-Chef von NRW fordert, Aufbau-Ost-Gelder umzulenken – Unterstützung findet er kaum

Von Matthias Schlegel

Berlin - Er stellt die Solidarität zwischen Ost und West immer wieder auf eine harte Bewährungsprobe: der Solidarpakt II. Das bis 2019 reichende Finanztransfermodell sichert den neuen Bundesländern bis zum Jahr 2019 per Gesetz rund 150 Milliarden Euro zu. Damit soll deren infrastruktureller Nachholbedarf langfristig ausgeglichen werden. Um das hehre Werk der Einheit Deutschlands nicht zu beschädigen, blieb bislang der politische Konsens zwischen Ost und West gewahrt, die besondere Förderung der neuen Bundesländer nicht grundsätzlich in Frage zu stellen. Doch jüngst – und vor allem unter dem Eindruck angeblicher Fehlverwendungen von Aufbau-Ost-Geldern – mehren sich vor allem im Westen der Republik die kritischen Stimmen.

Der DGB-Bezirksvorsitzende von Nordrhein-Westfalen, Guntram Schneider, hat jetzt die NRW-Landesregierung aufgefordert, eine bundespolitische Initiative einzuleiten, um den Solidarpakt II zu reformieren – und zwar zugunsten der finanzschwachen Kommunen. Viele Gemeinden in Nordrhein-Westfalen seien „in einer weitaus schlechteren finanziellen Situation“ als Städte und Gemeinden in den neuen Bundesländern, die über den Solidarpakt gefördert würden, sagte Schneider. Es sei „skandalös“, dass Kommunen Kredite aufnehmen müssten, „um ihren Verpflichtungen im Rahmen des Solidarpaktes II nachkommen zu können“. Zukünftig müsse das Geld „in die Kommunen fließen, die bedürftig sind. Die Richtung von West nach Ost ist schon längst überholt und wird, falls nicht politisch eingegriffen wird, zu einer erheblichen Verschlechterung der Lebensbedingungen in großen Teilen Nordrhein- Westfalens führen“, warnt der DGB- Funktionär. An Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) appelliert Schneider, „mit allen im Landtag vertretenen Parteien eine breit angelegte bundespolitische Initiative zur Reform des Solidarpaktes“ zu starten.

Doch der Städte- und Gemeindebund als bundesweiter Interessenvertreter der Kommunen reagierte ablehnend: „Wir sehen keine Veranlassung, den Solidarpakt II aufzuschnüren“, sagte Sprecher Franz-Reinhard Habbel dem Tagesspiegel. Dies sei ein besonderes Transferinstrument, das für den Osten gedacht sei, und kein spezielles Finanzierungsprogramm für Kommunen. Dennoch verkenne man nicht die Probleme auch der Kommunen im Westen. „Doch um sie zu lösen, bedarf es einer generellen Veränderung der Gemeindefinanzierung“, sagte Habbel.

In Verständnis gekleidet ist auch die Absage des DGB-Bezirksvorsitzenden von Sachsen, Hanjo Lucassen, an den Kollegen in NRW: Er verstehe, dass es wegen der „teilweise dramatischen Situation in Nordrhein-Westfalen zu solchen Forderungen kommt“, sagte Lucassen dem Tagesspiegel. Aber der Solidarpakt II sei „der falsche Ansatzpunkt“. Der sächsische Gewerkschaftsfunktionär fordert, dass nach der Föderalismusreform grundsätzlich über die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden gesprochen werden müsse. Dabei müssten gerade die Kommunen bei den Finanzzuweisungen „besser berücksichtigt werden“. Diese Diskussion dürfe aber nicht mit dem Solidarpakt verknüpft werden, warnte Lucassen.

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