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Somalia: Piraterie – ein Geschäft für viele

Die Piraterie vor der Küste Somalias ist ein Geschäft, an dem zu viele Beteiligte ein Interesse haben, als dass mit einem baldigen Erfolg im Kampf gegen das Seeräuberproblem zu rechnen wäre. Das ist das Ergebnis einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, die in Berlin vorgestellt wurde.

Von Michael Schmidt

Berlin - Für viele arbeitslose Somalier sei die Piraterie eine attraktive Alternative. Für die Marine sei die Mission Atalanta das Paradebeispiel einer gelungenen EU-Kooperation. Und für Versicherer habe sie sich zu einem „Riesengeschäft“ entwickelt, sagte die Autorin der Studie, Anja Shortland.

Der internationale Militäreinsatz sei ohne Abschreckungswirkung geblieben, die Zahl der Piratenangriffe habe sich seit Beginn der Mission, an der sich auch die Deutsche Marine beteiligt, sogar verdoppelt. Zwar konnte der Einsatz weitere Überfälle direkt am Golf von Aden verhindern, doch hätten die Piratenflotten ihr Aktionsgebiet einfach verlagert und seien in die ungeschützte freie See des Somalibeckens ausgewichen. Der internationale Marineeinsatz habe unabsichtlich „dazu beigetragen, dass sich der Kreislauf aus Angriffen, Kaperungen und Lösegeldzahlungen stabilisiert hat“, sagte Shortland. Damit werde die Piraterie „nicht nur für die Seeräuber, sondern auch für Versicherungen und Schiffseigner besser kalkulierbar.“ Ein Gleichgewicht der Kräfte und Interessen habe sich eingestellt, mit dem sich offenbar gut leben lasse: Die Piraterie laufe weitgehend gewaltfrei ab; die geforderten Lösegelder seien so niedrig, dass es für Reedereien und Schiffseigner profitabler sei, sich zu versichern, statt in Schutzmaßnahmen zu investieren; und aufs Ganze gesehen sind nur wenige Schiffe betroffen: Von 30 000, die jährlich den Golf von Aden passieren, wurden 2009 nur 116 angegriffen. Aus Sicht der Beteiligten habe sich die Seeräuberei damit eher zu einem bloßen ökonomischen „Ärgernis“ entwickelt, als dass es eine signifikante wirtschaftliche Bedrohung darstelle. Die Chancen für einen grundlegenden Kurswechsel beurteilt Shortland daher eher skeptisch.

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